Der Schwarzwald ist immer gut für Geschichten. Das fanden schon die Römer, die ihm den Namen silva negra gaben und die den Bewohnern immer mit einer gewissen, sehr verständlichen Vorsicht begegneten, denn die Schwarzwald-Völker waren nicht gerade zimperlich. Sie wussten zuzulangen, mussten zupacken können.
Davon berichtet Thomas Binder, der das Leben im Schwarzwald von den Kelten bis ins 20. Jahrhundert beleuchtet. Nun gibt es allerlei Zeugnisse vom Dasein zwischen Lörrach im Süden und Pforzheim im Norden, allein: wirklich viel belastbares Material ist nicht überliefert. Thomas Binder macht daraus eine Tugend: Er orientiert sich an den beliebten BBC-Dokumentationen, die auch gerne auf deutschen TV-Kanälen laufen und zieht seine Protagonisten in die Gegenwart. Ein Trick, der immer funktioniert: Stelle eine pseudo-historische Szene nach und schildere sie im Präsenz. Bei aller Kritik: Man kann leicht die Sachkenntnis und die Liebe des Autors zur Region lesen und auch verstehen. Binder verweist auf reichlich Quellen, allerdings fehlen selbst dem sach- und ortskundigen Leser detaillierte Karten, um wichtige Orte aufsuchen zu können. Binder kratzt leider nur an der Oberfläche.
Annette Maria Rieger geht mythischen Kräften der Schwarzwald-Wasser auf den Grund. Quellen, Bäche und Wasserfälle können magische Kräfte entfalten und die kann man, so man ein paar Orte besucht hat, kaum leugnen. Die Autorin ist Schwarzwälderin und weiß genau, worüber sie schreibt. Alle 19 Wasserziele haben ihre ureigene Faszination und sind einen Abstecher mehr als Wert (mit Karten). Mit Rieger kommt man auch an interessante Stellen, die man sonst vergebens sucht, wie den Krai-Woog-Gumpen, tief im Hotzenwald.
Thomas Binder, Kämpfen. Lieben. Leiden, Südverlag, 204 S., zahlr. Fotos, 18 Euro
Annette Maria Rieger, Sinnliche Wanderungen im Schwarzwald, Belser Kosmos, reich bebildert, 151 S., 16 Euro