Kraftvolle Parabel

Kraftvolle Parabel

Der Tübinger Verlag Klöpfer, Narr pflegt regionale Autoren und Themen und ist immer für Überraschungen gut. Einer der Autoren, die schon lange im Verlag publizieren (der Vorgänger war Klöpfer & Meyer) ist Joachim Zelter aus Freiburg, der vielfach ausgezeichnet wurde, u.a. mit dem Thaddäus-Troll-Preis und dessen Bücher in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. Verlagstreue zahlt sich offenbar für beide Seiten aus: Sein jüngster Roman „Imperia“ zeugt davon wie der Vorgänger „Im Feld“ (der hier schon besprochen wurde).

Beide Romane sind gesellschaftspolitische Parabeln von großer Kraft und Deutlichkeit, ohne dass der vergleichende Charakter zu sehr in den Vordergrund tritt. Natürlich spielt Zelter mit „Imperia“ auf die berühmte Lenk-Statue vor dem Konstanzer Konzil, die ihren Berufsstand Edel- oder Wanderhure beim „Katholikentag“ 1414-18 symbolisiert und auf die Kolleginnen bei Honoré Balzac an. Bei Zelter jedoch wird das älteste Gewerbe der Welt vertreten durch einen Schauspieler, einem Berufsstand der sehr viel Parallelen zur Titelfigur hat. Beide müssen sich, um erfolgreich zu sein, vor Publikum/Kunden entblößen, Seele offenbaren oder zumindest glaubhaft so tun, als ob.

Aber Zelter hebt seine Geschichte um Schauspieler Gregor Schamoni auf eine nächste Ebene (er hat die übliche Bühnen-Versagensangst), denn der Protagonist verdient sich – stets knapp an Kasse – mit allen möglichen Nebentätigkeiten wie Sprecherziehung, Begleitdienste und Beratung seinen Lebensunterhalt. Bis er von einer Professorin engagiert wird, die ihn mit einem fadenscheinigen Auftrag lockt und ihn mit ihrer herrschaftlichen Exzentrik zuerst überrollt und schließlich überfordert.

Gregor windet sich, aber letztendlich verliert er jede Kontrolle über sein Leben und das kann auf der Bühne nur schiefgehen.

Ein in jeder Beziehung großartiges Buch.

Joachim Zelter, Imperia, Klöpfer, Narr, 176 S., 22 Euro