04. – 21. Juli 2021: | Städtische Galerie Ostfildern präsentiert Kunst im Öffentlichen Raum
nternationale Künstler*innen werden vom 4. bis zum 21. Juli 2021 wesentliche und prägende Orte im öffentlichen Raum in Ostfildern aufspüren und bespielen. Kuratiert wird dieses Projekt durch die Konzept- und Videokünstlerin Anette C. Halm, die die derzeitige Stipendiatin der Stadt Nürtingen ist. Die von Halm ausgewählten Künstler*innen werden an individuellen Orten im Stadtraum künstlerische Installationen und Performances zeigen, deren Konzepte sich auf besondere, mit Ostfildern verknüpfte Orte, Begebenheiten und Historien, beziehen.
Zu den gewählten Themenschwerpunkten, die während eines Spaziergangs durch den öffentlichen Raum zu erleben sein werden, gehören unter anderen eine Körper-Raum-Vermessung, die Suche nach einem verlorenen Ort, Passanten werden sprichwörtlich in den Schatten gestellt, ein musikalischer Liebes-Apell und mehr.
Die Künstlerin und Organisatorin Anette C. Halm möchte – in Kooperation mit der Städtischen Galerie Ostfildern, den Bürger*innen und Besucher*innen der Stadt mit diesem Projekt einen langfristigen und nachhaltigen, erfrischenden und herausfordernden Blick auf ihren Lebensraum bieten.
Jede künstlerische Aufführung wird ein einmaliger Moment werden, doch werden die performativen Handlungen in einer digitalen App erfasst und für zukünftige Spaziergänge durch den öffentlichen Raum aufgearbeitet. Möglich wird dies mit der „Kunst am Wegesrand“-App. Interessierte werden zu einem Spaziergang durch die Stadt eingeladen und dort auf Plaketten (kleine Schilder) stoßen, die Informationen zu den vergangenen Aktionen bereithalten. Dort wird es dann eine Weiterleitung in Form von Kreativcodes geben, die alle Performances per Smartphone in Form von Fotografie und Video wiederholt erlebbar machen. Anette C. Halm will dadurch Orte und Momente des Innehaltens schaffen, die einen neuen Blick sowohl auf die äußere Umgebung Ostfilderns, als auch auf ein inneres Erleben jedes einzelnen Spaziergängers wirft.
Die Performances
Sonntag, 04.07.2021, 12:00 Uhr: | Andrea Isa – Ora et labiera
Wohl bekannt ist, dass die Benediktiner 3,5 Liter Starkbier pro Tag tranken, auch während der Fastenzeit. Kein Wunder kam da dem einen oder anderen eine Erscheinung. Andrea Isa wird sich in dem Labyrinth in Nellingen auf Spurensuche begeben und der alten Mönchsregel „ora et labora“ nachspüren. Das Labyrinth führt nicht in die Irre, sondern dient im Gegenteil als Ganzheitsstiftendes Sinnbild der Selbstfindung. Im Labyrinth verliert man sich nicht, im Labyrinth begegnet man sich selbst.
Freitag, 09.07.2021, 10:00 Uhr: | Simon Pfeffel – Boden verlieren
Die Landschaftstreppe im Retortenstadtteil Ostfildern: eine ganz große architektonische Geste. Vergleichbar mit den Basislinien bzw. Sichtachsen zwischen herrschaftlichen Schlössern, durchzieht diese als grüne Schneise und gestalterisches Element die Häuserfluchten des Scharnhauser Parks, der auf ehemaligem Kasernengelände errichtet wurde.
Wie lebt es sich an einem Ort, der historisch geprägt ist und sich gleichzeitig in einem Spannungsfeld von Weltläufigkeit und Ortsansässigkeit befindet? Ist der Mensch dort Maß der Dinge?
Simon Pfeffel vermisst die Landschaftstreppe mithilfe seines eigenen Körpers. Gleichzeitig lädt er Passanten ein, es ihm gleich zu tun. Damit setzt er den menschlichen Körper stufenweise in ein Verhältnis zur abstrakten Distanz der Treppe.
Samstag, 17.07.2021,10:00 Uhr: | Sissi-Madelaine Schöllhuber – Denn vergesst nicht, ihr liebt sie
Der Scharnhauser Park ist der jüngste der sechs Retortenstadtteile Ostfilderns. Das Stadthaus, konzipiert als Bürgerhaus, als offener Ort der Begegnung, ist ein identitätsstiftender Ort. Daher hat Sissi-Madelaine Schöllhuber den Platz vor dem Stadthaus für ihre Gesangs-Performance ausgewählt. Sie möchte Menschen durch Gesang zusammenbringen, um deren Kommunikation und Miteinander zu befördern.
Mittwoch, 21.07.2021, 14:00 Uhr: | Nadine Bracht – Sattelzeit
Jahrtausende lang galt das Reiten als Symbol der Herrschaft und als Demonstration von Überlegenheit und Macht. Reiter überragen das Fußvolk, sind wendig und schnell. Berittene Frauen machten sich im Sattel auf den Weg Richtung Emanzipation.
Die Performance „Sattelzeit“ von Nadine Bracht möchte dazu einladen, diese Kulturpraktik zu hinterfragen – historisch und in Bezugnahme zur aktuellen gesellschaftlichen Situation.
Mittwoch, 21.07.2021, 14:15 Uhr: | Jaewon Park – Unverhohlen
Ein Hohlweg ist visualisierte Zeit – ein Weg, der sich durch jahrhundertelange Nutzung durch Fuhrwerke und Vieh sowie abfließendes Regenwasser tief in das umgebende Gelände eingeschnitten hat.
Den Besucherinnen und Besuchern der Performance wird über die gesamte Länge des Hohlwegs in Ostfildern ein roter Teppich ausgerollt. Üblicherweise ist der Kunstgenießer gehalten, nichts zu berühren, andächtig zu schweigen und zu passiv zu rezipieren. Auf dem roten Teppich des Hohlwegs werden sie dagegen von Mit-Läufern zu willkommenen Akteuren.
Mittwoch, 21.07.2021, 14:45 Uhr: | Babette Dieterich – Schattenspiel
Der wohltuende Schatten einer Allee gibt den Impuls und Auftakt für eine musikalisch-poetische Performance. Die Sängerin und Performerin Babette Dieterich beginnt, an eine Kastanie gelehnt, mit einer den Schatten rühmenden Arie, der sich eine Schattensuche in Form von (W)Ort- und Gedankenspielen anschließt. Das Publikum wird zur Teilhabe eingeladen, etwa über seinen „Schatten zu springen“.
Mittwoch, 21.07.2021, 15:00 Uhr: | Angela Vanini – Amor als Sieger mit Badehose
Die Malerin Angela Vanini kopiert das Gemälde „Amor als Sieger“ des Barockmalers Caravaggio in Öl auf Leinwand vor dem Amortempel in Ostfildern, dem ehemaligen Liebesnest des württembergischen Herzogs Carl Eugen.
Mit Beginn der „METOO – Bewegung“ gab es eine große Debatte um das Gemälde. Es gab gar Bestrebungen, dieses aus der öffentlichkeitswirksamen Position zu entfernen. Aufgrund der „Künstlerischen Freiheit“ wurde dies jedoch als absurd zurückgewiesen. Eine Diskussion, die im Kontext der Themenkreise Pädophilie, Kinderpornographie, Missbrauch und sexuelle Gewalt aktueller ist denn je.
Mittwoch, 21.07.2021, 16:00 Uhr: | Anette C. Halm – Chim Chim Cher-ee
Dass es auf der Schwäbischen Alb unzählige Vulkane und mit Tuff gefüllte Schlote gibt,ist bekannt. Der „Scharnhauser Vulkan“, gilt als der nördlichste schwäbische Vulkan. Dies ist das einzig Spektakuläre, denn viel ist nicht mehr von ihm übrig. Unheimlich, fast höllenhaft war seit jeher die Vorstellung, was darin passiert und Mythen ranken sich um den Schlot: Bei Ausbruch soll sich der Zorn der Götter entladen. Anette C. Halm ändert die Vorzeichen und lässt Glück durch den Schlot aufsteige. Der Schornsteinfeger, das Glückssymbol schlechthin, wird bei dieser Performance die Hauptrolle spielen.
Mittwoch, 21.07.2021, 17:00 Uhr: | Britta Ischka – Wörnitzhausen reloaded
Um verschwundene Orte ranken sich seit jeher Mythen: Wo sind sie geblieben, warum sind sie ausradiert? Neugier lässt Britta M. Ischka dieser Frage nachgehen, indem sie die vermutete Stelle in einem ersten Schritt bzw. in einem ersten Schnitt freilegt, um so dem Rätsel ein Stück näher zu kommen, der gleichzeitig der Fantasie Raum lässt.