Peter Weibel im Gespräch zur BioMedien-Ausstellung

Universal Everything, »Infinity«, 2021, Computerbasierte Installation
© Universal Everything

ZKM Karlsruhe: | 04.12.21 – 28.08.22: | BioMedien. Das Zeitalter der Medien mit lebensähnlichem Verhalten

Im Gespräch mit Peter Weibel, künstlerischer Vorstand des ZKM Karlsruhe
und Kurator der Ausstellung BioMedien. Das Zeitalter der Medien mit
lebensähnlichem Verhalten im Oktober 2021

Prof. Peter Weibe, © Peter Weibel, ZKM


Herr Weibel, wie entstand die Idee zu einer Ausstellung über
dynamische Systeme in Kunst und Wissenschaft?

Im Jahre 1981 hielt ich einen Vortrag zu Biotechnologie und Kunst, der
auch publiziert wurde und in dem ich den Begriff BioArt prägte.
Biokommunikation ist seit dem Auftauchen der Kybernetik (Norbert
Wiener, Cybernetics: Or Control and Communication in the Animal and the
Machine, 1948) eines meiner Forschungsfelder.
Inwieweit grenzt sich Ihr Begriff der BioMedien von den
Definitionen anderer Forscher:innen ab?

Der Begriff BioMedien setzt sich scharf von dem Begriff BioArt ab. BioArt
beschäftigt sich mit dem Entstehen von organischem Leben aus
organischen Materialien. BioMedien beschäftigt sich mit Darstellungen
und Nachahmungen des Lebens aus technischen anorganischen
Materialien. Das 19. Jahrhundert hat radbasierte Bewegungsmaschinen
erfunden. Um 1900 hielt daher das Bewegungsphänomen in der Kunst
Einzug. Zuerst als Scheinbewegung, die radbasierte Kinematografie und in
den 1950er-Jahren als reale Bewegung, Kinetik. Im 20. Jahrhundert
wurden also die Bewegungsmedien als Imitation des Lebens
perfektioniert. Im 21. Jahrhundert zeigen die BioMedien mit physischer
Interaktion lebensähnliches Verhalten. Bewegtbildmedien werden zu
Belebtbildmedien.
Welche Rolle verbleibt noch für den Menschen?
Der Mensch bleibt, was er immer war: ein Erzeugerschema. Der Mensch
verändert sich: er erweitert seine Fähigkeiten. Mit der Kunst der BioMedien
nähert sich der Mensch einem neuen Verständnis des Lebens, des Erhalts
des Lebens und der Nachhaltigkeit

© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, Peter Weibel