Kunsthalle Tübingen | AUSSER HAUS | seit 06.06.2025 | Fassadenarbeit von Bernd Ribbeck

Im Rahmen ihrer AUSSER HAUS-Projekte lädt die Kunsthalle Tübingen in loser Folge Künstlerinnen und Künstler ein, auf den öffentlichen Raum in Tübingen zu reagieren. Als drittes Projekt in der Reihe hat der Berliner Künstler Bernd Ribbeck für das Format AUSSER HAUS gegenüber der Kunsthalle eine große Fassadenarbeit realisiert. Diese setzt in seinem Werk im Wortsinn neue Maßstäbe.

Bild oben: Bernd Ribbeck: Fassadenarbeit; © Bernd Ribbeck, VG Bildkunst Bonn, 2025; Foto: Ulrich Metz
 KunsthalleTübingen | „Ausser Haus“ Installation seit 06.06.2025 [im Rahmen der Ausstellung] | 07.06.- 19.10.2025 | Schöner wohnen – Architekturvisionen von 1900 bis heute

Der in Berlin lebende Maler reagiert auf die Architektur der 1960er Jahre mit einem grafischen Entwurf. So hat er ein wiederkehrendes architektonisches Muster entwickelt, das die puristische Strategie der Moderne auf überraschende Weise konterkariert. Denn die von Ribbeck eingesetzten klaren geometrischen Elemente werden hier selbst zum Ornament, jenem Schmuckelement, das in der Moderne nicht selten verpönt war. Der lockere Rhythmus der Stufen und Bögen überwindet die Etagenstruktur des Gebäudes und verweist auf eine unendliche Fortführbarkeit. Das archetypische Bogenmotiv löst den Entwurf aus der ästhetischen Verortung in der Gegenwart und stellt ihn in die Tradition fantastischer Architekturentwürfe. Das in unterschiedlichen Grautönen gehaltene Muster suggeriert mit den Mitteln der Parallelperspektive ein ›Dahinter‹, und unser Blick wird – wie bei den imaginierten Architekturen eines Giovanni Battista Piranesi oder M. C. Escher – auf einen fiktiven Raum gelenkt, der nur durch die Vorstellungskraft der Betrachter*innen geöffnet werden kann. Bernd Ribbeck gelingt es in seinem Entwurf, den Rundbogen, eine der ältesten Formen der Architektur, in ein spannungsvolles Wechselspiel mit der minimalistischen Ästhetik der 1960er Jahre Architektur zu bringen. Tradition und Moderne werden zu Neuem verbunden – Widersprüche auf geheimnisvolle Art und Weise aufgelöst. So gelingt es Bernd Ribbeck nicht nur, die Geschichte des Ortes zu verlebendigen und uns mit neuen Augen sehen zu lassen, angesichts der Installation entsteht darüber hinaus ein Kommunikationsfeld, in dem wir uns über die Utopien der Vergangenheit verständigen und auch die Frage nach einer lebenswerten Zukunft neu verhandeln.

Kuratiert von Dr. Nicole Fritz