Das Ganze, gezeichnet – über Jürgen Klugmann

Ausstellungen und Projekte von Jürgen Klugmann

  • Druckgrafik 2024
    Jürgen Klugmann u.a. | 24.02.2024 − 23.03.2024 | Künstlerbund Tübingen
  • Jahresausstellung 2023
    Jürgen Klugmann u.a. | 16.12.2023 – 07.01.2024 | Galerie der Stadt Tuttlingen
  • Über die Grenzen hinaus
    Eröffnung: Do, 14.12.2023, 19 Uhr Frederick Bunsen, Ralf Ehmann, Jürgen Klugmann u.a. | 15.12.2023 – 13.01.2024 | Künstlerbund Tübingen Jahresausstellung 2023
  • Zeichnungen
    Jürgen Klugmann u.a. | 02.12.2023 – 20.01.2024 | Galerie Fingur Tübingen
  • Neue Arbeiten im Faulen Pelz
    Jürgen Klugmann u.a. | 18.11.2023 – 04.02.2024 im Faulen Pelz Überlingen

Jürgen Klugmann im Internet: | Website: | www.klugmann-kunst.com
E-Mail: juergen.klugmann@gmx.de

Das Ganze, gezeichnet – über Jürgen Klugmann
August, bei etwa 22 Grad angenehm warm und weit entfernt von den Augustmonaten, die ich in einem früheren Leben in Karlsruhe hatte aushalten müssen, wo es meist sehr heiß und dann auch gerne furchtbar schwül war.

Schneeschmelze 2005, Kohle auf Bütten, 53 x 78 cm | © Foto: Jürgen Klugmann

Trotzdem seltsam, ausgerechnet jetzt, im Sommermonat August, Jürgen Klugmanns Schneearbeiten zu erleben. “Schneeschmelze“ ist der Titel einer kleinen Serie von Arbeiten mit Kohle auf Büttenpapier, “Neuschnee“ ist der Titel einer weiteren Serie. Mit “eigentlich” einfachen Mitteln schafft Klugmann seine eigenwilligen Landschaftszeichnungen, die man mit solch einem Namen, so einer Kategorie, einer Schublade gar nicht angemessen zuordnen kann und will. Sind es wirklich Zeichnungen? Ja, doch oft basieren diese zeichnerischen Arbeiten auf digitalen Fotografien, eine Arbeitsgrundlage, deren Detailreichtum die Wahrnehmungsfähigkeit des menschlichen Auges übersteigt. Mit seinen späteren zeichnerischen Hervorhebungen baut Klugmann dann auf diesem “reichhaltigen Material” auf.

Schneeschmelze 2005; Kohle auf Bütten, 53 x 78 cm | © Foto: Jürgen Klugmann

Solche Medienbrüche zwischen Fotografie und Zeichnung/Malerei finden wir auch in anderen Werkgruppen Klugmanns, der diese Vorgehensweise offenbar weniger spielerisch einsetzt als vielmehr als Werkzeug künstlerischer Erkenntnis: mit der Digitalisierung kommt Klugmann der Realität besonders nahe, um dann von dieser quasi gesteigerten Ebene doch in künstlerischer Freiheit seine Entscheidungen zu treffen. Doch auch hier sehen wir, dass Freiheit alles andere ist als Beliebigkeit: in vielen anderen Arbeiten, die wir in diesem Rahmen leider nicht zeigen können, bewegt sich Klugmann weniger in einer gestisch/intuitiven Schaffenswelt als vielmehr nahe der Wissenschaft: mit seinen Frottagearbeiten etwa werden objektiv vorhandene Strukturen erst wirklich sichtbar.

Acryl, Kohle und Büttenpapier sind Werkzeuge, mit denen der Künstler Ausschnitte aus Raum und Zeit herauszugreifen scheint aus einem Ganzen, das er hiermit andeutet und von dem er weiß und von dem wir alle wissen. Er verweist auf das Ganze, indem er uns die Ausschnitthaftigkeit, insofern zwangsläufig auch die Begrenztheit unserer eigenen Wahrnehmung bewusst macht. Selbstverständlich sehen wir immer nur einen Teil des Ganzen und dies immer zu einem bestimmten “Zeitpunkt”.

Neuschnee 2006 | Kohle auf Bütten, 76 x 57 cm | © Foto: Jürgen Klugmann

Doch indem der Künstler uns dies sichtbar und bewusst macht, will er uns nicht frustrieren oder enttäuschen, ganz im Gegenteil, so erscheint es mir jedenfalls, zeigt er uns, dass es möglich ist, im Ausschnitt das Ganze, im Detail die Schönheit und im ganzen Bild die Struktur der jeweiligen Naturwirklichkeit zu erleben. Und im Augenblick die Wahrheit.

Vielleicht mit einem Gruß von Hermann Hesses Siddhartha sieht und zeigt Jürgen Klugmann, das Ganze, das wir nur erahnen und dessen Existenz wir doch unterstellen, aufgehoben im Detail.

Aus dem sehr vielfältigen Werk Klugmanns möchte ich hier eine zweite Werkgruppe herausgreifen: Die Vergessenen/ Lethe. Ausgehend von einer zufällig gefundenen Kiste mit alten Fotografien fertigte der Künstler eine Serie von Arbeiten in Tusche auf Papier. Durch vielfache Übermalung der Ursprungsmotive sind selbige mehr erahnbar als sichtbar. Jürgen Klugmann beendet seinen eigenen kurzen Text zu dieser Serie so: “Es gibt nichts, nur sein Vergessenwordensein.”

Dieser dialektischen Weisheit habe ich nichts mehr hinzuzufügen, möchte Sie aber einladen, die Arbeit dieses hochinteressanten Künstlers weiter zu verfolgen:
Denn das Nichts ist

das Ganze, gezeichnet.
Jürgen Linde im September 2016

Wald, überbelichtet, 2008 | 82 x 122 cm, Tusche und Acryl auf Papier, auf Leinwand aufgezogen. | © Foto: Jürgen Klugman

Doch, eins noch: ich habe hier für diesen Text ganz wenige Arbeiten von Jürgen Klugmann ausgewählt – die Bilder, die mir am wichtigsten erschienen für mein eigenes Erlebnis der Kunst von Jürgen Klugmann. Sehr empfehle ich Ihnen deshalb, sich auf der Website von Jürgen Klugmann ein eigenes Bild zu machen von der sehr reichen und vielfältigen Arbeit und weiteren Werkgruppen des so produktiven Künstlers:

Bildbearbeitung: Wolfgang Gießler

www.klugmann-kunst.com