Franziska Schemel

Franziska Schemel im Internet: | Website: | www.franziska-schemel.de
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Freundlich, gut gelaunt und fast überschäumend wirkt Franziska Schemel auf mich. Das ist sie auch, aber nicht nur. Inzwischen weiß ich den tiefen Ernst und die Nachdenklichkeit in ihren Augen als nicht minder wesentlichen Teil ihrer Persönlichkeit zu schätzen.

Franziska Schemel, Foto: privat

Als wir uns kennenlernten, kannten wir uns schon – wenn auch nicht namentlich.
Fangen wir also am besten später an: ab dem Datum, von dem aus historisch gesichertes Wissen vorliegt. In diesem Fall ist dies der 19. September 1998, an dem Franziska die Galerie SWO besucht hat anläßlich der Vernissage ihres Kollegen Gerold Bursian, der dortselbst eine tolle Ausstellung hatte.
Seitdem also kenne ich Franziska – zunächst ohne zu wissen, welch talentierte Künstlerin ich da kannte.

Wie gewohnt, haben wir wieder eine kompetente Autorin gewonnen, die aus fachfraulicher Sicht die Arbeit von Franziska Schemel erläutert: Weiter unten folgt ein Beitrag von Dr. Christine Breig über Franzsika Schemel.
Vielen Dank an Christine auch per Netz.
Spätestens bei der Karlsruher Künstlermesse änderte sich dies: Franziska gehörte zu den 13 KünstlerInnen, die aus 89 Bewerbungen ausgewählt wurden, um von 13. Bis 15. November im Karlsruher Stephanssaal ihre Arbeit einem großen Publikum zu zeigen.

Ihr Platz dort – im 1. Stock direkt neben dem Weinausschank – ist am Eröffnungsabend derart überlaufen mit Menschen, daß man einge Zeit braucht, um von den Arbeiten wenigstens einen Eindruck zu gewinnen. Dies gelingt dann aber doch recht gut, weil Franziskas Bilder in ihrem Zusammenwirken eine kleine eigene Welt des Versinkens und des Insichgehens schaffen. Aus scheinbar einfachen Formen und eigenwilligen Farben, leise und gewaltig, schaffen die Bilder gleichzeitig Abstand und Nähe. Auffallend die Bildobjekte, in denen Teile des Bildes skulpturhaft in die dritte Dimension, den Raum, eintreten.

“Innen und Außen“ nennt Franziska dann später im Gespräch als eines ihrer ständigen Themen. Meine Einladung zu SWO nimmt Franziska freundlich an; bei ihrem Besuch am 25.11. verienbaren wir dieses SWO-Künstlerinnen-Porträt; auch eine Ausstellung im Jahr 1999 wird erwogen.

Zwei Tage darauf bin ich schon bei ihr. Im selben Atelierhaus wie der oben bereits erwähnte Gerold Bursian arbeitet Franziska Schemel – und wohnt auch dort. Das auf dem Tisch herumliegende Obst und Gemüse hat also weniger dekorative als vielmehr ernährende Funktion – außerdem schafft es farblich angenehme Stimmung und guten Duft in der Luft.

“o.T., 2005,, 40 x 50 cm | Acryl,Graphit, Fotografie auf Leinwand
© Franziska Schemel, VG Bildkunst Bonn 2020

Danach wird Kaffewasser angeworfen; leckerer Obstkuchen steht schon die ganze Zeit verführerisch auf dem Tisch; mit der zusätzlich geschlagenen Sahne entsteht ein Ganzes, das mehr ist als die Summe seiner Teile.

Wieder ist Franziska gut gelaunt und freundlich und es macht einfach Spaß, mit ihr zu reden.
Gleichzeitig erlebe ich Franziska ernst und sehr konzentriert und verstehe, daß ihre herzliche Ausstrahlung ehrlich ist – aber ohne jede Naivität. Sie ist so direkt und spontan wie sie ist, nachdem sie kritisch die Situation für sich analysiert hat. Auch in Franziska Schemels Arbeiten finde ich nun – ohne die Menschenmassen der Künstlermesse – eine vorsichtigere, ein wenig traurige und manchmal sehr einsame Franziska.

Neben den verschiedenen Bildern – aus bisheriger und aktueller Arbeit – finden sich auch eine ganze Reihe der Fotos, die Franziska ständig macht, um hieraus Ideen und Inspirationen für ihre malerische Arbeit zu gewinnen. Wenn nicht mehr: eine vierteilige Arbeit, die auch auf der Künstlermesse zu sehen war, sind Fotos Teil der Arbeit geworden. Ein dreiviertel Jahr hat Franziska an diesem Werk gearbeitet, immer wieder verändert, mal teils, mal komplett überarbeitet. Franziska findet einen ganzen Stapel Fotos, mit denen sie jeden wichtigen Arbeitsschritt festgehalten hat. Schließlich war das Werk fertig: nach der intuitiven Ekenntnis, daß die bislang “nur“ inspirierenden Fotos auch tatsächlich – also physikalisch – Teil des Bildes werden müssen. Die Arbeit insgesamt enthält nun in ihrer Vielschichtigkeit noch jede der dokumentierten Arbeistsstufen.

Apropos Stufen: zu einem anständigen Künstlerinnenporträt gehört auch ein Blick in die Geschichte: Franziska Schemel, in Frankfurt geboren, hat – “um nicht ganz abzuheben“ – nach der Schule zunächst eine Ausbildung zur Schauwerbegestalterin gemacht.
Aufgrund ihrer Talente und Noten war aber “immer schon“ klar, daß eine künstlerische “Laufbahn“ (seltsames Wort) zu erwarten war.

Von 1984 bis 1990 hatte Franziska Schemel Freie Malerei und Grafik studiert, an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Dank “Glücks“ war gleich ihre erste und einzige Bewerbung erfolgreich, erzählt Franziska bei ihrem Besuch beim kunstportal

“o.T., 2006, 60 x 50 cm | Acryl,Eisenmehl,Sand, Fotografie auf Leinwand
© Franziska Schemel, VG Bildkunst Bonn 2020

Später erfahre ich, daß es nicht nur Glück war: sie hat ein halbes Jahr intensiv an ihrer Bewerbung gearbeitet, was ständig an der Akademie, hat alle greifbaren Kurse dort besucht und die Leute kennengelernt. Da sie nur eine einzige Bewerbungsmappe brauchte, war diese entsprechend besser, als es bei mehreren gleichzeitigen Bewerbungen möglich gewesen wäre. Daß noch ein Quentchen Glück hinzukam, können wir natürlich nicht ausschließen.

Ein Plakat entlarvt Franziska Schemel als “1. Stipendiatin der Stadt Freudenstadt”; nach dem Sieg bei dieser Ausschreibung im Jahr 1992 hatte sie Gelegenheit, ihr – jedenfalls bisher – höchstes Atelier zu beziehen: im Freudenstädter Rathaus konnt sie im 30m hohen Rathausturm sogar die Zeit hören. Nicht nur die Glocke zur vollen Stunde, auch der Minutenzeiger war hörbar.

Daß es dabei relativ wenig Tageslicht gab, störte kaum: Franziska arbeitet oft abends und nachts und dann natürlich mit elektrischem Licht.

Seit dieser Schaffensphase hat sich Franziskas Arbeit sehr verändert: weniger Farben, ein gewisser Trensd zur monogromen Malerei einerseits und Grenzüberschreitung in Richtung Skulptur deuten auf noch weitergehende Veränderungen.

Jürgen Linde, 1999

“o.T., 2005, 40 x 60 cm | Acryl, Graphit,Sand, Fotografie auf Leinwand
© Franziska Schemel, VG Bildkunst Bonn 2020

Dr. Christine Breig: über Franziska Schemel

‘Stadt’ und ‘Alltag in der Stadt’ – mit diesen Themen beschäftigt sich Franziska Schemel. Das Monotone und meist Starre der Lebensabläufe, das sich Wiederholende, Gleichförmige, Schematisierte und auch Künstliche unseres Lebens kommt in ihnen zum Ausdruck. In manchen ihrer Bilder hastet der Mensch schemenhaft und entindividualisiert innerhalb einer Menschenmasse durch eine formal reduzierte, abstrakte Großstadtwelt. Er hat keine Zeit, mit anderen in Kommunikation zu treten, ist in der Menge allein. Sein Leben und seine Umwelt sind standardisiert, seine Wege durch die von Menschen geschaffenen architektonischen Formen vorgegeben.

In anderen Werken fehlt der Mensch gänzlich. Es sind Bilder ohne Lebewesen, allein die abstrakten, sich gleichförmig wiederholenden, vorwiegend geometrischen Formen der Stadtarchitektur bestimmen den Eindruck von Erstarrung und Stereotypisierung unseres Lebens.
Neben diesen Arbeiten entstehen auch Werke, in denen gleichzeitig mit einem kritischen Blick Ironie spürbar wird, so z. B. wenn sie sich mit Paarbeziehungen und zwischenmenschlichen Kontakten beschäftigt.

Ausgangspunkt für ihre Bildideen ist die genaue Beobachtung der Umwelt. Sie werden in symmetrisch angelegten Arbeiten, die sich aus meist monochromen Farbflächen aufbauen und sehr regelmäßig von kleineren Farbformen, Liniengefügen, aber auch Photografien, Gitterrosten, Gummisaugern u.ä. unterbrochen werden, umgesetzt. Sehr charakteristisch für ihr Oeuvre kontrastiert in fast jedem Bild ein materialhaftes, “neutrales” Graphitgrau zu wenigen, bunten leuchtenden Farben und h„ufig schimmern durch diese Farbflchen noch andere darunterliegende Farben, was ein Verweis auf ihre Arbeitsweise in Schichttechnik ist.

Viele dieser Bildkompositionen könnten endlos weitergeführt werden – es ist eine unermüdliche, nicht endenwollende Menschenkette und Formenreihe.
Letztendlich spielt nicht das Beschreiben, das Anekdotische und Erzählende eine Rolle, sondern das Wiedererkennen solcher Abläufe, die Erinnerung an Situationen, an Gefühle und Sinneswahrnehmungen innerhalb alltäglicher Szenen. Das alltägliche Kommen und Gehen, das Innen und Außen und stereotype Rhythmen bilden zentrale Motive ihrer Arbeit.

Für die Zukunft plant sie verstärkt Malerei und Fotografie im Bild miteinander zu verknüpfen, wodurch interessante Materialkontraste entstehen. So auch in einer vierteiligen Komposition ohne Titel, das ein Endprodukt eines über ein dreiviertel Jahr gehenden Schaffensprozesses ist. Es setzt sich aus vielen übereinanderliegenden Bildern zusammen und so sind noch schemenhaft, als flachreliefartige Erhöhungen Fuß- und Beinfragmente von Figuren zu erkennen.

Eine durchgehende, schmale, gekrümmte gelbe Linie unterteilt die Bildflächen asymmetrisch und verbindet zugleich die Bildsegmente miteinander. Je Segment sitzt auf der Linie ein kleines, in die Leinwand hineinmontiertes Photo, das verschiedene Gänge von U-Bahnstationen zeigt. Aufgrund des gleichförmigen Rhythmus der Bildelemente – Linie, Fläche, Photo, Abstand der Segmente zueinander – entsteht eine klare, regelmäßige Struktur. Linie, wie Photos definieren unterschiedliche Kompositionsrichtungen, d.h. die Linie benennt die “Horizontale”, während die Photos den Blick in die Bildtiefe des zunächst flächig erscheinenden Bildes hineinführen. Diese “Nebenwege” scheinen in das Ungewisse, nach Innen zu führen. Assoziationen an einen Hauptweg, einen Lebensweg, mit einzelnen Stationen, die in das Unbekannte führen können, werden geweckt.