Vorwärts zur Natur – über Thomas Lefeldt

Thomas Lefeldt
Freiburger Str. 6
D – 79199 Kirchzarten
Tel: 07661 / 2536

E-Mail: info@lefeldt.de
Internet: www.lefeldt.de

Er zeichnet und malt seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, bis zu dessen Ende er malerisch vorwiegend dem Informel zuzurechnen war. Er ist studierter Konzertpianist, er entwickelt und gestaltet professionelle Websites, er fotografiert und produziert Videokunst und hat noch weitere Talente, die ich gar nicht alle aufzählen kann.

Thomas Lefeldt im Künstlerporträt im SWO | Kunstportal Baden-Württemberg
Thomas Lefeldt; © Foto: privat

Dementsprechend stehe ich bei einem Atelierbesuch in Kirchzarten, wo Thomas Lefeldt lebt und arbeitet, zunächst einmal vor gleich zwei Steinway-Flügeln, auf denen Lefeldts Frau – die Pianistin Lya Goldner – und er oft vierhändig spielen. In einem sich anschließenden kleineren Raum folgt ein kleines Videostudio – und rundum sehe ich zahllose Bilder verschiedenster Formate und Schaffensphasen und auch einige Plastiken, die wir, doch dazu später, als Malerei-Objekte beschreiben sollten.

Kennengelernt habe ich Thomas Lefeldt als bildenden Künstler, der mit seiner Malerei auf einem hochinteressanten Weg ist, den er selbst so formuliert:
“Meine Bilder stehen in der Tradition des “Informel”, sind aber in ihrem naturbezogenen Erscheinungsbild und ihrer materialbetonten Oberflächenbeschaffenheit einer weitgefassten Gegenständlichkeit näher als der abstrakten Kunst. Dem Malprozess gehen oftmals Fotostudien von Mauerstrukturen, Gesteinsformationen und Felswänden, Fassaden und Türen, Wasserspiegelungen und Teichvegetationen voraus, sie dienen als Materialsammlung, mit deren Hilfe ich die Thematik meiner Malerei ständig neu definiere.”

Thomas Lefeldt im Künstlerporträt im SWO | Kunstportal Baden-Württemberg
Mauerbild/VIII-08, 2008; Acryl und Öl auf Papier, collagiert;, 20×20 cm
© Thomas Lefeldt, VG Bildkunst Bonn, 2020

Die verschiedenen Fotoserien inspirierten ihrerseits ab 2002 wiederum neue malerische Arbeiten (Arbeitstitel Mauerbilder). Später (2004) entstand dann die Serie “Muri della Maremma” (Farbstifte, Pigment und Öl auf Aquarellpapier).

Am liebsten malt Lefeldt auf festen Gründen wie Papier oder auch direkt auf Holz. Nur für seine großen Formate verwendet der Künstler die leichter zu handhabende Leinwand.

Schon die Mauer-Fotografien haben einen eher abstrakten Charakter, da der Künstler meist Ausschnitte wählt, in welchen die Mauer als Ganzes kaum mehr erahnbar ist.

Mehr noch wirken dann die gemalten Mauerbilder als Farbkompositionen ganz eigenen Rechts. Diese Mauerbilder nun wecken, abhängig natürlich vom jeweiligen Farbraum, immer wieder Assoziationen zu Wasser.

Somit ergibt sich ein fließender Übergang von den Mauer- zu den Teich-Bildern. Ein formal unauffälliger Themenwechsel, der aber inhaltlich eine Bereicherung ermöglicht.
Die Bilder werden immer lebendiger, womit wir ein für Thomas Lefeldt wichtiges Thema anschneiden: Lefeldt, der ja auch Videokünstler ist, ist nicht zufrieden mit dem statischen Charakter des Mediums Bild.

Erfolgreich versucht er deshalb, den Prozess des Malens, das Werden des Bildes im selbigen sichtbar zu machen: auch aufgrund ihrer teilweise raumgreifenden Haptik wirken Lefeldts Bilder oft so lebendig – wie Filmstills aus einem Film, der dann gleich wieder weiter geht.

O.T., 2003; Öl auf Karton, 38×90 cm | © Thomas Lefeldt, VG Bildkunst Bonn, 2020

So kommen wir doch noch zu unserem anfangs angedeuteten Dauerthema: die Verbindung von Musik und Bildender Kunst. Thomas Lefeldt, der ja wie kaum ein anderer beide Welten vertritt, sieht die Verbindung zwischen beiden zunächst sehr skeptisch:
“wer etwa musikalisch die Bilder anderer Künstler interpretiere, laufe permanent Gefahr weit reichender Trug- und Fehlschlüsse.”
Das Problem ist, dass Bilder als statische Kunstwerke zunächst klar unterschieden sind von Musik, die wir ja nur als zeitlich verlaufenden Prozeß erleben können.

Naheliegenderweise sind bewegte Bilder, ist Videokunst potenziell geeignet, diesen Widerspruch aufzuheben. Doch selbst Filmmusik, so erklärt Lefeldt, sei fast immer nur ergänzend oder kommentierend; Bilder und Musik seien nicht “aus einem Guss“, sondern verblieben getrennt voneinander.
So ist nur konsequent, wenn Thomas Lefeldt Videofilme produziert, in welchen die Distanz zwischen Bild und Ton aufgehoben scheint:

Reflexive Surface; Musik-Video 1991/96
© Thomas Lefeldt, VG Bildkunst Bonn, 2020

Zum Abschied meines Besuches in Kirchzarten gibt mir Thomas Lefeldt ein solches Video auf DVD mit – “Reflexive Surface”

Erst jetzt führt uns unsere Überlegung zu Lefeldts Videokunst, doch wie der Künstler treffend erklärt, ist es historisch anders: “eigentlich steht die Videoarbeit ja am Anfang (1991/1996), aus ihr haben sich nicht zuletzt die Fotoserien “Reflexes” und die Teichbilder entwickelt.”

Ein Teich steht im Fokus von “Reflexive Surface”: das Licht der Sonne zeigt uns im Teich dessen Umgebung. Mal flächig, mal fluoreszierend entsteht ein ganzheitlicher Eindruck aus Sehen und Hören…fast romantisch das alles.

Die am ehesten als kammermusikalische Musik zu charakterisierende Einspielung erinnert mich immer wieder an die konkrete Musik etwa eines Steve Reich, was insofern nicht mehr wirklich verwundert, als die sehr klar strukturierte Musik von Reich ja durchaus auch lyrische Bilder evoziert und Assoziationen zur Natur weckt.

So kommen wir zum Schluss auf die Malerei-Objekte von Thomas Lefeldt. Immer wieder erscheint in Lefeldts Bildern das Motiv der Spundwand. Spundwände sind Bauteile aus dem Wasserbau, die etwa zur Begradigung von Bach-/Flussverläufen oder zum Hochwasserschutz eingesetzt werden. Thomas Lefeldt hatte erlebt, wie solche Spundwände nach einigen Jahren wieder ausgebaut wurden und war fasziniert von der Farbenpracht und –Vielfalt, die Wasser, Rost und Pflanzen auf den im Wasser befindlichen Teilen der Wände hinterlassen haben.

Ganz ähnlich erscheinen mir die Malerei-Objekte unseres Künstlers so, als ob sie direkt der Natur entnommen wären; wie Metallteile etwa, die lange in einem feuchten, bemoosten Waldboden oder in einem Bach gelegen haben.
Es handelt sich um einfache Körper aus Holz oder Metall, die Thomas Lefeldt nicht direkt bemalt, sondern mit zuvor bemaltem Papier beklebt und anschließend nacharbeitet. Die Papierschichten müssen malerisch miteinander verbunden werden, oft kommen auch lasierende Farbschichten dazu. Daher eben spricht er nicht von Plastiken, sondern von Malerei-Objekten.

2 Hohlkörper/VII-11, 2011; Malereiobjekt – Acryl und Öl auf Papier, Pappe; je 34 x 10cm Durchmesser | © Thomas Lefeldt,
VG Bildkunst Bonn, 2020

Thomas Lefeldts Kunst ist ganz sicher keine Nachahmung der Natur, und doch nähert er sich auf seinem besonderen künstlerischen Weg dieser an – eben mit ästhetischen Mitteln.
Schon in unserem Mai—Künstlerporträt haben wir in diesem Zusammenhang Adorno zitiert:

“Die ästhetische Entfernung von der Natur bewegt auf diese sich hin; darüber hat der Idealismus sich nicht getäuscht.”
(Theodor W. Adorno, Ästhetische Theorie)”.

In diesem Sinne bewegt sich die Kunst also nicht “zurück”, sondern
vorwärts zur Natur.
Jürgen Linde im September 2011