Bei Hempels im Tierreich

Bei Hempels im Tierreich

Harald Schwiers im kunstportal-bw

TV-Serien wie Elefant, Affe, Tiger & Co & Co waren lange Dauerbrenner in den Nachmittagsprogrammen diverser Sender. Zu putzig waren doch die Aufnahmen beliebter Tiere und ganz oben standen (und sie stehen noch immer bei kleinen Zoo-Besuchern allenthalben auf dem Erdenrund) die Erdmännchen. Das hat vielfältige Gründe und die reichen von menschenähnlichen Verhaltensweisen bis hin zum Idealbild vom Familienzusammenhalt, Solidarität und Liebe. Natürlich trugen die ironisierenden und genial gesprochenen TV-Kommentare, die zugleich für inhaltliche Distanz sorgten, zum Erfolg der Serien bei. Besser können Tiere auf der Bühne (ein altes Sprichwort besagt: immer ein Erfolg) auch nicht wirken.

Diese teils wirklich satirisch-bissigen Kommentare hätten vom Karlsruher Autor Mario Ludwig stammen können. Hätten. Denn er beherrscht nicht nur die Feinheiten der Sprache, kann Distanz wahren und beweist gleichzeitig seine Liebe zur Tierwelt. Den nötigen Sachverstand hat Ludwig dazu im Übermaß, wie er schon in zahlreichen Büchern bewiesen hat. Jetzt geht es ihm um das Familienleben der Tiere und mit Ludwig können wir sozusagen in die Schlafzimmer der Tierwelt schauen. Und da geht es teilweise wirklich zu wie beim Hempels unterm Sofa: Da wird kreuz und quer geliebt oder das, was nicht rechtzeitig den Baum hochkommt, aufs Kreuz gelegt, ob Männlein oder Weiblein. Das mit dem Baum hat hingegen bei gewissen Primaten seine Grenzen, sprich keine Wirkung.

Von schwulen Pinguinen, die trotz ihrer sexuellen Orientierung sich aufopfernd um ein (geklautes) Ei kümmern, weiß man; ebenso von der sexuellen Vielseitigkeit diverser Säuger, von schwulen Geiern hingegen, die irgendwann das homosexuelle Leben satt haben und dann einfach das Ufer wechseln – darüber kann man herrlich amüsierend bei Ludwig lesen. Und natürlich auch über die großen Wunder der sexuellen Anziehungskraft zwischen den Größen des Tierreiches und den Kleinen, von winzigen Fischmännchen, die praktisch mit dem vergleichsweise riesigen Körper der Geliebten verschmelzen und darin aufgehen. Selbstverständlich erfährt man auch, warum die Löwin blonde Löwen gegenüber schwarzhaarigen bevorzugt: der Mann mit der dunklen Mähne schwitzt einfach sehr viel stärker unter der afrikanischen Sonne, was seine Gene schwächt. Denn um Gene und um deren Verbreitung geht es ausschließlich im vielfältigen Tierreich. Und nicht nur dort…

Mario Ludwig beschreibt all dies und sehr viel mehr in gut 20 Kapiteln nicht allein populärwissenschaftlich und fundiert, sondern eben auch mit großem Sinn für Humor und Witz. Dabei vergisst er aber die Faktenlage nie, bindet sie geschickt ein und bleibt aber nicht beim grauen Wissen. Übrigens: Erdmännchen kommen natürlich auch vor…

Mario Ludwig, Das Familienleben der Tiere. Wie sie leben, lieben, streiten., 192 S., zahlreiche Illus., wbg Theiss, ISBN 978-3-8062-4154-9, 20 Euro.