Harald Schwiers im kunstportal-bw
Streifzüge: Hermann Landshoff in der Städtischen Galerie Karlsruhe

© Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie,
Archiv Landshoff
Die Städtische Galerie Karlsruhe hat eine vielseitig ausgerichtete Sammlung, allein: den Schwerpunkt Fotografie findet man in der Lorenzstraße im Hallenbau 10 der einstigen IWKA nun nicht (obgleich es eine Reihe ganz hervorragender Fotografien im Bestand gibt und auch bei den „verborgenen Spuren jüdischer Kultur“ im Sommer 2021 viele Fotografien gezeigt wurden). Aber nichts ist so beständig wie der Wandel, zumindest zeitweise. Will heißen: Wer großartige Fotokunst sehen will, sollte bis 30. Januar kommenden Jahres den Weg in die Städtische Galerie einschlagen. Der Gang lohnt, auch wenn er etwas weiter sein sollte!
Gut 220 Arbeiten des deutsch-amerikanischen Fotografen Hermann Landshoff zeigt die Galerie im Erdgeschoss in Kooperation mit dem Münchner Stadtmuseum, das vor einigen Jahren diese beeindruckende Schau zusammenstellte (und einen Katalog bei Schirmer/Mosel editierte). Landshoff mag nicht jedem ein Begriff sein, aber spätestens beim Gang durch die Ausstellung begegnet man Bildern, die man kennt. Das liegt u.a. daran, dass der Fotograf einige eindeutige persönliche Stilmittel bevorzugte, die sich in nahezu allen Arbeiten finden lassen. Das klingt nach darstellerischer und stilistischer Langeweile, aber weit gefehlt.

Bridge am Hudson, New York 1946,
© Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie,
Archiv Landshoff
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen liegt es am künstlerischen Werdegang des gebürtigen Münchners, der an der Kunstgewerbeschule seiner Heimatstadt Typografie und Buchgestaltung studierte, erfolgreich für den Simplicissimus und den Eulenspiegel Karikaturen zeichnete (beachtlich Adolf Hitler, 1928) und erst danach den Weg in die Dunkelkammer fand. Als Autodidakt. Später schrieb Landshoff die Dunkelkammer sei sein Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmer. Das besagt alles. Landshoff kniete sich spätestens nach seinen ersten erfolgreichen Verkäufen von Bilderfolgen zu Albert Einstein (zu dem es familiäre Kontakte gab) in die Arbeit in der Dunkelkammer. Hier kann man Fotos erheblich verbessern, wenn man Chemie und Physik beherrscht. Schlechte Aufnahmen gut machen, das allerdings geht auch mit Zaubersalz nicht. Der Münchner etablierte sich so in kurzer Zeit als Foto-Journalist.
Später emigriert Landshoff, jüdischer Abstammung, zunächst nach Paris, wo sich – noch – die künstlerische Elite Europas trifft und kurz danach nach New York. Dort macht sich Landshoff in kurzer Zeit einen guten Namen bei den berühmten Modezeitschriften wie Harper‘s Bazare, dem einflussreichsten Modejournal der Zeit. Landshoff bevorzugt in dieser Zeit und später eine Zentralperspektive, mit der ganz locker spielt. Mal spiegelt er das Motiv, mal variiert er durch ein drittes Objekt (meist ein Modell), mal lässt er den zentralen Raum frei, meist versetzt er aber die direkte Aussage im wenige Millimeter im Format. So erzeugt er zusätzliche Spannung bei gleichzeitiger Ruhe. Das klingt nach Widerspruch, ist es aber nicht, denn Landshoff geht gerne gleichzeitig mit dem Objektiv nach unten, d.h. er verlegt seine Perspektive nach oben und erzeugt so eine leicht unnatürliche Länge der Modelle. Zusätzlich führt er gelegentlich eine ganz leichte Unschärfe in seinen Fotos ein, die vor allem Bewegung, Dynamik darstellt. Das kann ein Korb voller Konfetti sein, der ausgeschüttet wird, ein angedeutetes Winken oder – bei den beeindruckenden Porträts von Kollegen und bildenden Künstlern zu sehen – nur ein leichtes Stirnrunzeln.

Modelle Beth Wilson, Rone Compton und Judith Underwood, Jones Beach,
© Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie,
Archiv Landshoff
Wichtig dabei: Landshoff arbeitet nicht für die Haute Couture, sondern für „normale“, tragbare, pret-à-porter-Mode. So muss er nur ansatzweise inszenieren und kann den Modellen viel Freiraum gönnen. Die nützen den auch weidlich und vermitteln dabei auch den Spaß, den sie ganz offenbar bei der Arbeit haben. Die sichtbare, spürbare Freude ist ein ganz typisches Merkmal der Fotos von Hermann Landshoff, auch wenn er später für Mademoiselle in Farbe fotografiert und auf Reisen geschickt wird.
Wer sich intensiver mit den Arbeiten von Hermann Landshoff beschäftigen will, sollte 25 € in den Katalog an der Museumkasse investieren.
Von 23.10.2021 – 30.01.2022 in der Städtischen Galerie Karlsruhe: | Hermann Landshoff. Mode, Porträt, Architektur.
Städtische Galerie Karlsruhe, Lorenzstraße 27, Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 10 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 18 Uhr. Aktuelle Corona-Regelungen beachten.