Werner Henkel – Himmel und Erde, Wasser und Brot

Galerie im Prediger Schwäbisch-Gmünd | 21. Mai bis 21. August 2022

Einladung zur Finissage am 21.08.2022
Werner Henkel, Konzeption Boden-Installation “Wasser und Brot” für die Galerie im Prediger. © VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Seit fast vier Jahrzehnten gehört Werner Henkel mit seinen Arbeiten in und mit der Natur zu den ebenso konsequenten wie exponierten Vertretern der Naturkunst, die er mit seinen Werken immer wieder inhaltlich und formal erweitert hat. Sein Interesse gilt ästhetischen Phänomenen in der Natur, ihren Energien und wandelnden Ausdrucksformen. Sein Schaffen basiert auf einem offenen, kommunikativen Naturbegriff, der die Natur in einem universellen Sprachzusammenhang sieht: „Ich verstehe Natur immer mehr als ein Stoffwechselfeld, nicht nur materieller und energetischer Prozesse, sondern auch als Feld eines Informationsstoffwechsels“, so der Künstler. In der ihm eigenen künstlerischen Sprache kreiert er Bedeutungsfelder für das komplexe Beziehungsgefüge von Mensch, Natur und Technik. Er befragt die äußere und die innere Natur der Dinge; er erkundet die Körpersprache der Natur als spezifischen Ausdruck von Lebensprozessen; er untersucht und ordnet; er lauscht der Sprache der Natur, die er dechiffriert und in künstlerische Zeichen und Signaturen überführt.

Werner Henkel, Großes Rasenstück: Philipp Otto, Albrecht und ich 01, Scherenschnitt, Acryl auf Papier, 99 × 220 cm. © Künstler / VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Werner Henkels Herangehensweise ist konzeptionell, das heißt: es geht es ihm nicht darum, eine einheitliche Bildsprache zu entwickeln. Vielmehr sucht er für jede Idee, für jedes Thema, das ihn beschäftigt, die geeignete formale Lösung. Und diese kann sehr unterschiedlich sein und auch unterschiedlichen Medien angehören: der Zeichnung und der Malerei, der Skulptur oder auch der Installation. In die entstehenden Werkgruppen werden Naturmaterialien ebenso einbezogen wie Formen der Natur. Dabei steht seine Kunst immer im Spannungsverhältnis zwischen Mensch und Natur – oder, wie es der Ausstellungstitel andeutet, zwischen Himmel und Erde.

Zum Konzept Werner Henkels in der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Natur gehören wesentlich Projekte, die getragen sind von einem sensiblen ökologischen Problembewusstsein und dem menschlichen Zugriff auf Natur, die den Verbrauch natürlicher Ressourcen und deren kulturelle und wirtschaftliche Aneignung reflektieren. Die Ausstellung visualisiert diesen Aspekt zum einen in der eigens für die Gmünder Werkschau entstandenen Bodenarbeit „Was uns nährt“, die in ihrer Materialität aus den Urstoffen Erde und Wasser sowie Getreide und Salz einen weiten Assoziationsraum eröffnet. In wechselseitigem Bezug zu der Installation stehen zum anderen Arbeiten, die das Thema Brot und seine Bedeutung für den Menschen umgreifen, im Einzelnen Zeichnungen aus dem laufenden Projekt „Zeichne mir ein Brot“ sowie jüngst entstandene Werke mit Lötkolbenzeichnung auf Toastbrotscheiben.

Werner Henkel, Wein, lesen, 2018, Weinrispen auf Büttenpapier, 100 x 80 cm.
© Künstler / VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Seit Beginn seines Schaffens arbeitet Werner Henkel mit und über Pflanzen. Blattschnitte dienen ihm ebenso als Grundlage, etwa in der gezeigten Papierarbeit „Krüge“ aus dem Jahr 1996, wie Pflanzenpressungen, abzulesen in den Collagen „Schale und Gräser“, die ebenfalls zu sehen sind. Den Blick auf einen botanischen Mikrokosmos, der zugleich für das Ganze, den Makrokosmos steht, eröffnet Henkel in einer Hommage an Philipp Otto Runge und Albrecht Dürer: im großformatigen Scherenschnitt „Großes Rasenstück: Philipp Otto, Albrecht und ich“ (2011). Darin nimmt er Dürers „Wunder botanischer Genauigkeit in Naturgröße“ (Fritz Koreny) als Vorbild, interpretiert es neu und übersetzt es in das von Runge meisterlich praktizierte Medium des Scherenschnitts, wenngleich auf die Umrisse reduziert und geweißt, ausschnitthaft und um ein Vielfaches vergrößert.

Der Natur nähert sich der Künstler seit den 1990er Jahren ebenso Arbeiten, die er in einer eigenen Werkreihe unter dem Titel „Sprache der Natur“ zusammenfasst und seither immer wieder variiert. Die Ausstellung zeigt daraus Beispiele, darunter die Arbeit „Wein, lesen“ (2018): Darin dienen dem Künstler feine, zarte, auf Büttenpapier choreografierte Weinrispen als grafische Grundelemente dazu, die Naturformen in nuancierte künstlerische Signaturen zu übersetzen. Diese künstlerische Geste verleiht dem Naturmaterial eine radikale, wenn auch zerbrechlich erscheinende Verfremdung, die deren Ästhetik, sinnliche Feinheit und Schönheit erst sichtbar werden lässt. Nicht nur in dieser Werkserie artikuliert sich Werner Henkels Naturverständnis, wonach in der Natur „alles spricht“ (Novalis).

VITA

1956 in Hamburg geboren, lebt und arbeitet in Bremen
seit 1984 freischaffender Künstler
1986 Künstlerförderung der Stadt Bremen1987 Kunst im öffentlichen Raum, Wandmalerei, Bremen
seit 1990 NaturArte-Seminare
1990-92 Künstlerischer Mitarbeiter der Ökologiestation Bremen
2002 Gräfin-Bernadotte-Preis der Deutschen Gartenbaugesellschaft
2004 Kunst im öffentlichen Raum: Installation im Wolfskuhlenpark, Bremen