Annäherungen an das Ausstellungs-Thema “Bitte berühren”

Wolfram Frommlet zur von Axel F. Otterbach kuratierten Ausstellung in 2012

Nun Beitrag zum kunstortal-bw-Porträt:
…bitte berühren: über Axel Otterbach  – der Künstler und sein Material

Annäherungen an das Ausstellungs-Thema „bitte berühren“

Berühren ist zum funktionalisierten, hundertfachen alltäglichen Vorgang bei der Benutzung von Blackberry, IPhone und IPad geworden. Entsinnlicht auch beim digitalisierten Lesen eines Kindle. Im Gegensatz zum Buch, dessen Einband, den Lesefaden zu berühren,  das Papier zu riechen, die Seiten umzublättern ein haptisches Erlebnis ist. Gedanken eines anderen, Kopfreisen in den Händen halten.

Axel Otterbach: Schichtung, 2005 MDF
Eisenfeilspäne korridiert

Berührend ein Gedicht, ein Largo eines Mozart-Klavierkonzertes, das Sanctus einer Schubert-Messe, aber auch die über aller Realität schwebende Klangwelt eines indischen Raga. Vorgeblich in Ordnung befindliche innere Zustände werden durcheinander gerührt, bis die Tiefenschichten nach oben kommen – Trauer, Schmerz, Erinnerungen, Unbewältigtes. Was das Immaterielle in uns durch Kunst zu berühren vermag, entsteht häufig erst durch eine materielle Berührung – eines Interpreten mit seinem Instrument im Konzertsaal.

Berühren, aufrühren soll Kunst durchaus, in Museen, in Galerien. Doch bitte nicht berühren.

Verständlich. Was bliebe von den zarten Farben eines Degas-Gemäldes, vom Blau eines Yves Klein, von den rotierenden Räderwerken eines Jean Tinguely, wenn Tausende Hände über sie strichen, in sie griffen. Und doch – welch ein Gefühl für die Materie, die ohne Risse und Brüche zu opulenter Sinnlichkeit geworden ist, wenn man über die Skulpturen einen Botero, eines Henry Moore streichen konnte.

Eine ungewöhnliche, eine mutige Aufforderung ist somit das Motto dieser Ausstellung: „Bitte berühren“. an die Künstler wie an das Publikum, Denn die Grundvoraussetzung ist ja, dass die Künstler dem Publikum vertrauen, ihm zumuten, mit den Objekten so umzugehen, dass sie unversehrt bleiben. Dass die eigene Berührung den Nachfolgenden dieselbe Erfahrung mit einem Kunstobjekt auch ermöglicht. Aber auch, dass die künstlerische Auseinandersetzung mit einer Materie, mit Materialien – die Berührung des Künstlers – überspringe auf die Besucher. Dies ist in faszinierender Vielfalt gelungen.