Das Ich auf Abwegen

Harald Schwiers im kunstportal-bw | Eva Christina Zeller: Unterm Teppich

Eva Christina Zeller ist eine sehr produktive Schriftstellerin; sie lebt in Tübingen direkt am Neckar und in unmittelbarer Nähe des Hölderlinturmes. Das ist natürlich per se schon eine literarische sehr fruchtbare Gegend und Stadt, wobei sehr produktiv jetzt nicht auf die Masse ihrer Veröffentlichungen abzielt, sondern eher der Vielfalt ihrer Publikationen. Sie schreibt Lyrik und Prosa und auch Theaterstücke und wurde für ihre Arbeit u.a. mit Stipendien und Auszeichnungen bedacht, darunter ist auch der baden-württembergische Literatur-„Nobelpreis“, der Thaddäus-Troll-Preis. Den bekommt man nicht für nichts.

Mit „Unterm Teppich“ liegt nun ein Zeller-„Roman in 61 Bildern“ zur genüsslichen Lektüre vor. Es handelt sich um eine Anreihung von Schnappschüssen, manche wenige Zeilen lang, andere einige – wenige – Seiten lang. Und um im Bild zu bleiben: manche lassen Assoziationen von unterbelichtet, manche von überbelichtet zu, andere arbeiten mit literarischer Tiefenschärfe auf dem Punkt der Mini-Geschichte, manch andere wiederum mit einem gewissen – und erträglichem – Maß an Unschärfe.

Es sind Bilder, die durchaus einer Logik unterliegen, auch in ihrer Reihenfolge, denn der Leser wird von der Kindheit über eine Jugendphase und der Pubertät bis hin zu einem gewissen Erwachsenen-Stadium geführt. Die Entwicklung zur Adoleszenz der Erzählerin lässt sich leicht nachvollziehen, wenn man die beabsichtigten Lücken durch eigene Erfahrungen füllt. Das kann natürlich nicht immer gelingen, aber die Situationen und Gefühle, aus denen Eva Christian Zeller den Erzählstrang knüpft, lassen die Verknüpfung mit adäquaten Analogien problemlos zu, so man sich denn darauf einlässt. Dabei können sehr schöne, aber auch durchaus weniger positive Erinnerungen aus der eigenen Vergangenheit auftauchen, auch wenn die Autorin – feinfühlig und sensibel – sämtliche Sentimentalitäten umgeht, aber andererseits ist das Leben gemeinhin geprägt von vorgegebenen und selbst gezimmerten Beziehungskisten (im weitesten Sinne), die nie so ganz ohne Problematik sein können. Sagt die Erfahrung.

Eva Christina Zellers durchaus etwas gewöhnungsbedürftige, aber sehr kurzweilige Erzählweise hat ihren Reiz, dem man alsbald erliegt. Spannend.

Eva Christina Zeller, Unterm Teppich, 168 S, Kröner Edition Klöpfer, ISBN: 978-3-520-76401-0, 20 €.