Renaissance 3.0

Neue Allianzen von Kunst und Wissenschaft

ZKM Karlsruhe | 25.03.2023 – 25.02.2024

Bild-Impressionen der Ausstellung

© Constanza Piña Pardo, Foto: Perte de Signal, Camille Montuelle

Die Ausstellung »Renaissance 3.0« widmet sich den neuen Allianzen von Kunst und Wissenschaft im 21. Jahrhundert.

Künstler:innen und Wissenschaftler:innen arbeiten immer häufiger mit denselben Werkzeugen, Methoden und Programmen. Dieser gemeinsame „Pool of Tools“, den sich Kunst und Wissenschaft im 21. Jahrhundert teilen, weist auf den Beginn einer neuen Renaissance hin, im Sinne einer Verwissenschaftlichung der Kunst wie sie die italienische Renaissance bereits verwirklichte.

Solange die Kunst im Horizont der mit natürlichen Augen sichtbaren Dinge verbleibt, ist es schwierig, eine Brücke zur Wissenschaft zu schlagen, die die Welt seit dem 17. Jahrhundert mit Instrumenten erfasst, vom Teleskop bis zum Mikroskop. Mit ihren Apparaten hat die Wissenschaft das Tor zu den bisher unzugänglichen »res invisibiles« des Mikrokosmos wie des Makrokosmos geöffnet. So lange die Kunst an den Grenzen der natürlichen Wahrnehmung endet, und die Wissenschaft hingegen jenseits der natürlichen Wahrnehmung beginnt, klafft eine enorme Kluft. Ebenso spielen Experiment und Theorie – im Gegensatz zur Kunst – in der Wissenschaft eine zentrale Rolle.

Seit dem Aufstieg der Medien (beginnend mit der Photographie circa 1840) verwendet die Kunst jedoch auch Apparate wie die Wissenschaft und digitale Kunst sogar wie diese Algorithmen und künstliche Intelligenz. Dieser neue „Pool of Tools“ bildet die Basis der Konvergenz von Wissenschaft und Kunst für eine neue Renaissance, die dritte nach der arabischen (800-1200) und italienischen Renaissance (15. und 16. Jahrhundert).

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht daher ein neuer Werkzeugbegriff, den sich Kunst und Wissenschaft teilen, als Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft. Neue Werkzeuge entdecken Dinge und stellen Dinge her, die es vorher nicht gab. Sie erweitern den Horizont dessen, was es gibt, die Ontologie. Mithilfe neuer Werkzeuge und neu entdeckter Dinge entstehen auch neue Theorien. Sie erweitern den Horizont dessen, was wir wissen über das, was es gibt, die Epistemologie. Mit diesen neuen Theorien werden wiederum neue Dinge und Werkzeuge hergestellt, die wiederum neue Theorien ermöglichen. An diesem »circulus creativus« wird sich die Kunst im 21. Jahrhundert mehr denn je beteiligen. Gezeigt werden daher zeitgenössische Positionen sowohl von Künstler:innen, die sich wissenschaftliche Methoden und Materialien aneignen, um parallel zu etablierten Wissenschaften Erkenntnisse zu erzeugen und kreativ zu erweitern – wie auch von multidisziplinären Kollektiven und Kooperationen zwischen Wissenschaftler:innen und Künstler:innen. Wissenschaftler:innen und Künstlerr:innen verfolgen zum Teil gleiche Themen, forschen auf gleichen Feldern und verwenden gleiche Werkzeuge, um sich den vielfältigen Herausforderungen und Polykrisen unserer Zeit zu stellen und Lösungen und Erkenntnisse anzubieten. Die Ausstellung selbst ist ein Forschungsprojekt und eine Expedition in neue Wissensfelder und dient als Basislager für die Kunst des 21. Jahrhunderts.

Mit einer digitalen Publikation und einem umfangreichen physischen und digitalen Vermittlungsprogramm kann anhand der Ausstellung die Nutzung von aktuellen Technologien und Erkenntnissen der Wissenschaft öffentlich diskutiert werden. Es wird versucht, die Frage, wer noch Wissen wissen will, die entscheidend ist für das Leben der Menschen auf dem Planeten Erde in einer Gesellschaft des Spektakels (Guy Debord), die sich zu Tode amüsiert (Neil Postman), und in der medial Verschwörungstheoretiker Verschwörungstheoretiker beschimpfen, durch eine neue Art von Zugang zu Wissen im musealen Kontext zu beantworten.