Georg Baselitz – Die große Sommerausstellung

Kunstausflüge mit Sigrid Balke | Ausstellung Fruchtkasten Ochsenhausen | 02.07. – 08.10.2023

Bild links: Georg Baselitz: Puck; 1993, Farbholzschnitt
© Künstler, VG Bildkunst, Bonn, 2023

Dieser Kunstausflug verbindet die barocke oberschwäbische Sommerlandschaft, eine sehenswerte Klosterkirche und zeitgenössische Kunst miteinander, und ist gerade in dieser Jahreszeit ein „ganzheitlicher“ Genuss. Die Galerie im Fruchtkasten des Klosters Ochsenhausen setzt die Reihe seiner Sommerausstellungen mit einem zeitgenössischen Künstler fort und steht Kopf. Im übertragenen Sinn natürlich, denn Georg Baselitz ist international bekannt und anerkannt als Künstler, der das Oben nach Unten verkehrt und die Welt damit buchstäblich auf den Kopf gestellt hat. Mit 80 ausgewählten Leihgaben privater Sammler, vom Museum Ulm, der Kunsthalle Emden und der Hilti Art Foundation in Liechtenstein, spielt die Galerie in Ochsenhausen jetzt in der Liga ganz großer Museen weltweit, die derzeit ebenfalls Baselitz zeigen. Die großen Gemälde und Skulpturen sind also unterwegs, aber die Zusammenstellung grafischer Werkzyklen aus unterschiedliche Schaffensperioden mehrerer Jahrzehnte, sind eine wunderbare Begegnung mit den etwas weniger bekannten Arbeiten von Baselitz. Darin führte der Künstler die traditionelle Technik der Radierung auf seine Art weiter und lotet das technisch Machbare aus. Darunter auch Mappenwerke, die in dieser Vollständigkeit so noch nicht zu sehen waren. In einem Remix variiert er seine motivische Ikonografie, bleibt figurativ unabhängig vom realen Fakt, und ist dennoch ein Gegenentwurf zur abstrakten Malerei.

Bild oben: Georg Baselitz vor seinem Werk „Wir daheim” (1996) © picture-alliance/ dpa/dpa/Rolf Haid; Galerie Fruchtkaten Ochsenhausen

Erstmals brach Baselitz 1969 mit herkömmlichen Sehgewohnheiten, stellte die Bilder auf den Kopf. „Das zwinge den Betrachter genauer hinzusehen, ihm sozusagen bei der Pinselführung über die Schulter zu schauen“, meinte der Künstler, der die Besucher damit in ein „Neusehland“ führen will, wie er es im Katalogtext zu einer seiner großen Ausstellungen der letzten Jahre beschrieb. Ein großer Werkkomplex der Ausstellung ist seinen Porträts gewidmet. Selbstbildnisse von Malern und Komponisten waren der Ausgangspunkt einer Serie skizzenhafter, monochromer Porträts, die den Besucherinnen und Besuchern eine intensive Auseinandersetzung mit seinen, von persönlichen Vorlieben geprägten Arbeiten ermöglichen. Georg Baselitz hat durch unkonventionelle Techniken die Grenzen der Kunst erweitert, stellt etablierte Normen in Frage und gab der Kunstlandschaft mit seinem provokanten Stil neue Impulse. Ergänzt wird die Ausstellung in der Galerie im Fruchtkasten mit dokumentarischen Fotos von Barbara Klemm und nachdenkenswerten Wandzitaten des Künstlers, der im Januar 85.Jahre alt wurde.