Haralds Streifzüge | Bert Brecht: Furcht und Elend | und | Ethel Smyth: The Wreckers | im Badischen Staatstheater
Bert Brecht: Furcht und Elend
Zugegeben: Ich war skeptisch. Äußerst skeptisch. Ein durchaus international renommierter Regisseur ohne Deutschkenntnisse, inszeniert an einem Staatstheater Brecht. Ein gewagtes Unternehmen. Und dann keinen Brecht-Klassiker, sondern ein Stück, das viele namentlich kennen, aber kaum einer tatsächlich: Furcht und Elend des Dritten Reiches.
Und zugegeben: Ich war begeistert von der Inszenierung von Timofey Kuljabin. Und ich bin es noch. Regie und Darsteller gehen mit dem nicht gerade leichten Stoff äußerst sensibel um. Das ist nicht so einfach, wie es sich anhört. Brecht stellte das Stück 1938 im dänischen Exil aus 24 mehr oder weniger kleinen Szenen zusammen, die auf tatsächlichen Begebenheiten mit den Vertretern der damaligen nationalsozialistischen Machthaber um Hitler beruhen.
Kuljabin (Dramaturgie/Fassung Roman Dolzhansky) konzentriert sich – mit einer Ausnahme – auf Szenen in Innenräumen, was auch große bühnentechnische Vorteile hat. So wird die seelische, familiäre und gesellschaftliche Enge mehr als deutlich. Zwei längere Teilstücke („Die jüdische Frau“ und „Der Spitzel“) werden als „Kernstücke“ aufgebrochen.
Brechts Sprache wird sorgsam geglättet und in eine zeitlose Gegenwart geführt, was der Aussage keinen Abbruch tut. Im Gegenteil. Auf konkrete Bezüge zur NS-Zeit wird verzichtet, ein sehr wohltuender Verzicht. Das Ensemble zeigt sich von seiner besten Seite und überzeugt durch zurückhaltende Höchstleistungen, die angesichts des schwer verdaulichen, bedrückend aktuellen Stückes bewundernswert sind. Orwells „Big Brother“ treibt nach wie vor sein Unwesen.
Ethel Smyth: The Wreckers
Eine unbekannte Oper einer unbekannten Komponistin auf die Bühne zu bringen, ist wahrlich ein Wagnis. Ethel Smyth (1858 – 1944) beendete „The Wreckers“ 1909, jetzt wurde der Dreiakter in der englischen Fassung erstmals in Deutschland aufgeführt. Smyth studierte u.a. in Leipzig und lernte dort einen Teil der musikalischen Größen der Zeit kennen, Johannes Brahms stand sie künstlerisch und freundschaftlich nahe.
Bild oben: Martha Eason; Statisterie des Badischen Staatstheaters
Foto: Felix Grünschloß
„The Wreckers“ (dt.: die Strandräuber, Zerstörer), das Libretto von Henry Brewster, siedeln die Autoren irgendwann im „finsteren Mittelalter“ an. An der wilden cornischen Küste lebt eine Dorfgemeinschaft davon, dass sie Schiffe zum Schiffbruch bringt; Leuchtfeuer, die Seeleute warnen sollen, werden falsch, an gefährlichen Stellen, gelegt. Das war übler, aber gängiger Brauch an der felsigen Küste. Die Menschen in Cornwall waren arm und lebten vom Strandgut. Eventuell überlebende Schiffbrüchige wurden – in der Oper – einfach umgebracht.
Nun erhebt sich im Dorf Widerstand gegen diesen unchristlichen Brauch, die Gemeinschaft droht zu zerbrechen, da sich ein Teil des Dorfes auf menschliche Werte besinnt. Ein letztes Feuer soll entzündet werden, aber es droht Verrat. Verkompliziert wird die Sachlage noch durch eine Liebesgeschichte, wie das in der Oper eben so ist. Die Liebenden ziehen schließlich das Meer dem brutalen Mord vor. Das Grundthema „Zerstörung“ greift allenthalben um sich.
GMD Georg Fritzsch bringt mit der Badischen Staatskapelle das Meer um Cornwall zum Toben und Tosen, zeigt aber auch, dass die Damen und Herren im Orchestergraben die lyrischen Töne bestens draufhaben. Musikalisch schöpft Ethel Smyth aus dem Vollen, was die Zeit an symphonischen Klängen und Wucht mit sich brachte. Wer Wagner hören will, findet ihn (logisch bei Cornwall), auch der Holländer geistert herum und Richard Strauss lässt da und dort grüßen.
Solisten und Chöre kommen mit dem zwischen spätimpressionistisch und frühexpressiv angelegten Werk (und dem Englisch) bestens zurecht. Bei „The Wreckers“ wird es keinem langweilig, die Oper birgt zahlreiche überraschende Momente und wäre die Bühne ein wenig heller, wäre der Genuss doppelt so groß.