Kunstausflüge mit Sigrid Balke | Richard Long im Kloster Schönthal | bis 07.12.2025 | Richard Long
Abseits von Trends und Strömungen, exorbitanten Preisen und Gedränge zwischen den Kojen der Art Basel gibt es eine sehenswerte Alternative: Kloster Schönthal als Kontrastprogramm und Konstante mit klarem künstlerischem Konzept. Unweit von Basel, der Stadt der Museen, ist Kloster Schönthal genau das nicht. Kein Museum, sondern ein Ort, der als Gesamtkunstwerk eine beeindruckende Faszination ausübt. Das Ensemble aus ehemaligen Klostergebäuden, dem Innenhof, dem Garten und dem Skulpturenweg ermöglicht eine Annäherung an Kunst als selbstverständlicher Teil des Lebensraumes – von dem noch erhaltenen Christophorus-Fresko in der ehemaligen Klosterkirche der Benediktiner aus dem 12. Jahrhundert bis zu dem beeindruckenden Werken zeitgenössischer Künstler. Darunter Richard Long, dem der Verein Kloster Schönthal in diesem Jahr eine Einzelausstellung widmet. Zwischen dem begrenzten Ausstellungsraum und der Weite der Landschaft hinterlässt der britische Künstler mit eigens für Kloster Schönthal geschaffenen Werken seine persönlichen Spuren. Minimalste Veränderungen in der Natur und nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, und wie jede Spur möglicherweise vergänglich.

Richard Long dokumentiert seine Werke, bevor er sie der Natur überlässt und so entstand neben Installationen, die ihren Platz in namhaften Museen weltweit und im Ausstellungsraum vom Kloster Schönthal gefunden haben, eine umfangreiche Dokumentation seines Œvres. Zu den bleibenden Werken im Kloster Schönthal gehört – neben der Installation Cowshed Ellipse in einer Scheune am Skulpturenweg – Schönthal Circle, eine Wandskulptur aus Lehm auf schwarz grundiertem Putz im ehemaligen Kirchenraum. Zusammen mit der temporären Bodeninstallation Time out of mind aus Balzner Marmor entsteht eine archaische kontemplative Atmosphäre, die berührt. Draußen im Hof die Installation A bend in the river – ein Band lockerer geschichteter Schieferstein, die sich wie ein Fluss in die sommerlich heitere Umgebung fügt. Ausnahmsweise unübersehbar, denn manche Land Art ist so sehr Teil der Natur, dass sie nicht als solche wahrgenommen wird. Genau hinschauen, die Kunst entdecken und sie immer anders und neu erleben – je nach Wetter, Licht, Umgebungsgeräuschen, Tages- oder Jahreszeit. Beim Erwerb und der Renovierung des Klosters stand für den Werbeagenturunternehmer John Schmid das Konzept von vornherein fest: „einen kulturellen Begegnungsort schaffen, mit in sich ruhender Strahlkraft wo Menschen, Kunst und Natur sich verstehen“. Inspirationen holte er sich an Kunstorten in England, Schottland und Irland, knüpfte Kontakte und zog mit seiner Idee von „Commissioned Works“ – Naturraum für Künstler und ihre Kunst bereit zu stellen – internationale Künstler an: David Nash, Tony Cragg, Gerda Steiner/Jörg Lenzlinger und viele weitere. In der abwechslungsreichen Landschaft rund um Kloster und Hofgut fanden sie individuell passende „Räume“ für Ihre Arbeiten. Sichtbarkeit und Vergänglichkeit sind Teil des Kunstkonzepts von Kloster Schönthal. Im Lauf der Zeit wurden es 30 Skulpturen. Sie bilden eine Symbiose mit der umgebenden Natur und ihr teilweise langsames Verschwinden durch Umwelteinflüsse ist ein gewollter lebendiger Prozess. Das Schönthal ist ein Ort voller visueller Entdeckungen, aber ein Raum ohne Ausstellungscharakter. Kleine Anekdote nebenbei: die Stiefelparade unter dem Balkon wird immer wieder – und wurde auch von mir – als Installation angesehen, und ist doch „nur“ praktisches Utensil vom Baumarkt für alle Besucher:innen ohne wegetaugliches Schuhwerk für den anspruchsvollen Skulpturenwanderweg. Oder ist es vielleicht doch Kunst? Dazu passt: See what you see what ever it may be… (Robert Lax). Ergänzt wird die Kunst im Freien mit temporären Ausstellungen in den Räumen des Klosters und einer musikalischen Komposition die jeden Abend bei Sonnenuntergang das Tal mit Tönen füllt.
Too much chatter sprains the soul – die poetische Inschrift übernommen vom schottischen Eremiten Finlay auf einem der Deckenbalken – eine mögliche „Betriebsanleitung“ für den Besuch des Gesamtkunstwerks Kloster Schönthal.
www.schoenthal.ch
Ausstellungsdauer Richard Long: bis 07.Dezember
© Text: Sigrid Balke; Foto: Harald Lambacher