In die Sammlung Schiffer …

Kunstausflüge mit Sigrid Balke | Villa Rot, Burgrieden-Rot | bis 28.09.2025

Am Anfang ein Maschinenbauingenieur mit dem Wunsch nach Erkenntnisgewinn: Ich will verstehen, wie Künstler Technik sehen. Das Resultat: eine Sammlung mit Werken internationaler Künstler und eine Ausstellung mit dem Titel Inspiration Technik. Zu sehen bis 28. September in der Villa Rot.

Richard Hamilton – Sammlung Schiffer

Die Kunst im ehemaligen Fuggerschlösschen und späterem herrschaftlichen Wohnsitz des Unternehmerpaares Hermann und Feodora Hoenes, gewinnt in der barocken, oberschwäbischen Landschaft durch den Kontrast von „Verpackung und Inhalt“. Bei dieser Ausstellung stellt sich die Frage „Kontrast oder Symbiose“ – die Suche nach der Antwort macht die Ausstellung mit Werken aus der Sammlung Hans Peter Schiffer besonders sehenswert. Vom Rad zur Transformation spannen die einzelnen Räume der Villa einen thematischen Bogen durch die Technikgeschichte – aus der Sicht von Künstlern wie Tinguely, Claes Oldenburg, Uecker, Marcel Duchamp, Warhol, Wesselmann, Liechtenstein, Lorenz Lachauer, Bernd und Hilla Becher, Bernhard Luginbühl und vielen weiteren.

Bild oben: Panamarenko-Sammlung Schiffer

Unterschiedliche Stilrichtungen die eines verbindet: die Auseinandersetzung mit Technik. Bewegung, Dynamik, Elektrizität und Mobilität – die Ästhetik mit den Möglichkeiten der Technik umgesetzt in künstlerische Objekte, Grafiken, Skulpturen, in Industriefotografie und kinetische Arbeiten. Spielerisch, sachlich dokumentierend, visionär, kritisch. Kunst und Technik als Interdependenz?

Der Begriff Drucktechnik hat diese gegenseitige Bedingung bereits im Namen. Mit fortschreitender Entwicklung bietet die Technik den Künstlern bisher nicht gekannte Möglichkeiten. Am Ende entwickelt der Künstler nur das Konzept – umgesetzt wird es von der Technik, nicht durch die Hand des Künstlers. Aber Technik ist auch eine Inspirationsquelle, sie weitet den Blick für visionäre Ideen, für Abstraktionen und Reduktionen, für die Gestaltung mit Licht und Bewegung. Der Sammler und Maschinenbauingenieur Hans Peter Schiffer fasst diese kongeniale Kausalität in zwei Sätzen zusammen: Auch Naturwissenschaft und Technik sind schöpferisch, gestalten neue Wirklichkeiten und Sichtweisen. Sie unterscheiden sich von der Kunst nur in ihrer Zielsetzung und Zweckgebundenheit.

…und Einblicke in die Geheimnisse des Universums

Fortsetzung des Kontrastprogramms mit einer weiteren Ausstellung in der Kunsthalle der Villa Rot. Ein klar strukturierter White Cube für die Werke des chinesischen Künstlers Cao Jigang und den komplexen Werken der US-Amerikanerin Carol Prusa. Zwei unterschiedliche Stilrichtungen, zwei traditionelle künstlerische Techniken und eine Galerie mit Sitz in Taipeh und London, die die Arbeiten beider Künstler kongenial zusammenführt. Durch die Zusammenstellung der abstrahierten, fast monochromen Landschaftsbilder von Cao Jijang mit den Arbeiten von Carol Prusa – filigrane Zeichnungen auf Medien wie Kunstharz, Glasfaser, Metallfolien und LED-Lichtern – wird die Kunsthalle zu einem Ort mit der Atmosphäre meditativer Ruhe, Unendlichkeit und Poesie.

Bild oben: Ausstellungsansicht Cao Jigang-Carol Prusa

Skypath“ ist die erste Ausstellung von Cao Jijang, Jahrgang 1955, in Deutschland. Seine monumentalen Werke verbinden Ei-Tempera-Technik aus der Renaissance mit einer Lasurtechnik die ihre Wurzeln in der traditionellen chinesischen Tuschemalerei hat. In ihrer minimalistischen Bildsprache folgen die monumentalen Bilder den Konzepten der taoistisch geprägten Landschaftsmalerei der Einheit von Natur und Mensch.

Bindeglied und gleichzeitiger Kontrast sind die mit filigranen, detailverliebten Mustern, bemalten Objekte von Carol Prusa (Jahrgang 1956). Die amerikanische Künstlerin bedient sich ebenfalls einer Technik aus der Renaissance: Silberstiftzeichnung ist ihre unverwechselbare künstlerische Sprache. Was sie visualisiert sind Erkenntnisse aus der Astrophysik, Konzepte wie „Strange Attractors/Seltsame Attraktoren“ oder die Friedmann-Gleichungen. Für die meisten Betrachter wohl eher abstrakte astrophysikalische Begriffe, werden sie in der Ausstellung mit dem Titel „Strange Attractors“ zu einer Kunst, die visualisiert, wie es sich anfühlt inmitten solcher Ideen zu leben. Seltsam, überraschend, komplex, schön, chaotisch – aber nicht zufällig, und daher widerstandsfähig. Im faszinierenden Dialog mit dem Chaos versucht sie über ihre Kunst unseren Platz in der Welt zu erklären und zu verstehen. Carol Prusa nutzt die Kunst um das grenzenlose Staunen über das Universum zu erforschen – und erschafft mit jedem Werk eine neue Vision seiner Kräfte (Kunstkritikerin Margherita Dessanay)

Ausstellungsdauer: bis 28. September 2025

© Text und Fotos: Sigrid Balke