Kind of Blue – über Conny Luley
Conny Luley: aktuelle Ausstellungen und Projekte
- KipppunkteEröffnung am Fr, 13.09.2024; 19: Uhr: Conny Luley, Wolfgang Neumann, Maria Grazia Sacchitelli u.a. | 04. – 28.09.2024 | Oberwelt e.V. Stuttgart
- Aus dem KofferWanderausstellung ab 17.04.2024 : Conny Luley, Barbara Karsch-Chaieb, Jürgen Klugmann, Annie Krüger, Maria Grazia Sacchitelli u.v.a. | AUS DEM KOFFER – Zeichnungen auf Reisen | 28.04.2024 | Stuttgart zu Gast in Köln
- Natur, Schöpfung, FloralesFinissage : 04.05.2024, 11 – 13 Uhr Conny Luley, Anja Kniebühler, Gabriela Stellino u.a. | 15.03. – 04.05.2024 | Galerie K1 Freiburg
- Geflutet. Wasser, Welle, Woge in der Kunst bis heuteStiftung BC pro arte Biberach | 26. September – 22. November 2024
- Grenzen der AufklärungJürgen Klugmann | Conny Luley | Maria Grazia Sacchitelli u.a.: | 15. – 30.09.2023 | OberweltStuttgart e.V
Internet: www.conny-luley.com
E-Mail: info@conny-luley.com
Kind of Blue – über Conny Luley
“Landschaft, Himmel, Wolken” fallen mir zuerst ein, wenn ich an Conny Luleys Bilder denke. Diese Assoziationen sind unmittelbar verbunden mit dem Namen Conny Luley.
Längst reicht die Vielfalt der Vorstellungen, die wir zum Thema Landschaftsbilder haben, weit hinein ins Abstrakte. Und doch ist ja die Abstraktion, die sich als solche von der Gegenständlichkeit zu befreien sucht, meist die Abstraktion “von Etwas”.
“Take a walk in the blue Silence” war der Titel ihrer Ausstellung im Nürtinger Schauraum Provisorium im Juli 2019. In diesem zeigte sie ausgewählte Arbeiten aus der umfangreichen Nordland-Serie: Über 5 Jahre hinweg hat sie Bilder und Einflüsse einiger Aufenthalte im europäischen Norden verarbeitet. Anschaulich beschreibt die Künstlerin, wie man als Mensch in dieser überwältigenden Kulisse sich eher klein fühlt. Im besonderen Licht des Nordens und sicher auch angesichts der vergleichsweise wenigen Menschen hat die Natur hier eine andere, stärkere Präsenz in unserer Wahrnehmung.
Der Respekt vor der Natur, über den wir im überbevölkerten Süden gerne sprechen, wird hier zur existenziellen Erfahrung.
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Der lyrische Ausstellungstitel ist auch alles andere als Zufall:“Sehr viele Kunstfreunde verbinden meine Malerei mit lyrischen und/oder musikalischen Assoziationen” berichtet die Künstlerin bei einem Besuch in ihrem Atelier im Atelierhaus des Württembergischen Kunstvereins in Stuttgart. Eine klassische Staffelei steht derzeit ungenutzt an der Wand: Die aktuell meist großformatigen Arbeiten müssen liegen, während Conny Luley an ihnen arbeitet, um den Farbverlauf steuern zu können.
Zu den technischen Details, wie die Künstlerin auf der Basis hochwertiger und stark pigmentierter Primär-Acrylfarben ihre speziellen Lasuren – und damit die außergewöhnlich sensiblen Farbnuancen – herstellt, wollen wir an dieser Stelle nichts verraten. Treffend schreibt die Stuttgarter Kunsthistorikerin Vivien Sigmund:
“Die Gemälde aus der Serie ‘Nordland’ von Conny Luley stehen permanent kurz davor auseinanderzudriften, sich in reine Farbe aufzulösen, in Pinselduktus und Bewegung. Aber sie tun es nicht. Sie verbleiben knapp im Gegenständlichen, bleiben lichte, bewegte, vage Landschaften, just in jenem Moment, so scheint es, oder an jenem Ort zumindest, an dem Himmel und Erde aufeinandertreffen…”
Ihrer Handschrift bleibt Conny Luley auch in ihrer neuen Serie “Albland” treu. Im Rahmen des Stipendiums 2019 bei der Stiftung Anton Geiselhart in Münsingen-Gundelfingen vollzieht sie einen Farbtemperaturwechsel, lässt sich ein auf die vorgefundene und erlebte Landschaft vor Ort der Schwäbischen Alb und findet zurück zur goldenen Darstellung des Himmels, der Kunst des Mittelalters. Mit “Albland” bringt sie einen weiteren Spannungsbogen in ihr Werk, denn wie sie versichert, wird es künftig kein Entweder-Oder geben.
Es gibt Zitate, die man sich kaum mehr zu erwähnen traut, weil sie schon inflationär verwendet wurden und deshalb “verbraucht” scheinen – die aber wahrscheinlich dennoch so oft zu lesen sind, weil sie gut und erkenntnisbringend sind:
Also was soll’s:
Luleys Landschaftsbilder erlebe ich als Bilder des inneren Befindens. Das angedrohte Zitat ist Peter Handkes “Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt” Denn eben diese ist nach meinem Empfinden das, was wir hier sehen.
Das Geniale an Handkes Dialektik ist, dass er hier virtuos Emotion und Intellekt verbindet.
Die Künstlerin zeigt uns nicht die Landschaft, die sie (im engeren Sinne) sieht, sondern die Landschaft, die sie spürt, die sie – als Reflektion ihres Inneren – empfindet.
Oft erlebe ich Conny Luleys Bilder als melancholisch. Melancholie ist kein moderner, erst recht kein modischer Begriff und doch noch immer gängig. Meist wird Melancholie mit Gemütszuständen wie Niedergeschlagenheit, Traurigkeit oder gar Depression verbunden.
Angesichts der Arbeiten von Conny Luley möchte ich diesen Begriff anders definieren: Melancholie ist, wenn der Abstand des Ichs zur Innenwelt und der zur Außenwelt nahezu identisch ist.
Fast alles gerät dann in Bewegung, zerfließt scheinbar und dann eben wieder nicht. Kunst findet hier einen großzügigen – unbegrenzten – Raum. Traurigkeit ist hier nicht der Kern, ist aber wohl ein Aspekt dieser Befindlichkeit.
Gerade höre ich im Hintergrund leise Miles Davis (mit John Coltrane am Tenorsaxofon). Das Kultalbum “Kind of Blue” von 1959. In der Kunst, glaube ich, ist Melancholie nicht das Ende, oft ist sie der Anfang. Und diesen Anfang beschreibe ich in diesem Fall als
Kind of Blue.
Jürgen Linde im Oktober 2019
Und noch ein aktueller Nachtrag: in diesem Jahr ist Conny Luley Stipendiatin der Stiftung Anton Geiselhart. Hier gab es eine Ausstellung und auch ein Katalog ist entstanden. Sabine Lang, die Kuratorin der Stiftung Anton Geiselhart, hat einen sehr bemerkenswerten Katalogbeitrag geschrieben. Wir danken, ihren Text hier veröffentlichen zu dürfen:
Katalogbeitrag von Sabine Lang
Temperaturwechsel – Stiftung Anton Geiselhart
Sabine Lang, Kuratorin der Stiftung Anton Geiselhart, über Conny Luley
Künstler und Werk stehen immer am Anfang einer Begegnung in der Stiftung Anton Geiselhart. Mit dem Werk oder einem Projekt fällt die Entscheidung für ein Arbeitsstipendium in den Räumen von Anton Geiselhart. Nach der Entscheidung für einen Künstler, in diesem Falle Conny Luley, gibt es keine weitere Einmischung, die Kunst kann sich frei entfalten.
Luleys Serie #Nordland ist die Basis, die Vorstellung von Weite und Freiheit, welche ihren Ursprung in der Wahrnehmung von Meer, Eis und Himmel hat. #Nordland lässt eintauchen in die Tiefgründigkeit reinen Blaus, überwindet die Grenze zwischen fester Materie und transparentem Himmelskörper.
“Je tiefer das Blau wird, desto mehr ruft es den Menschen in das Unendliche” Wassily Kandinsky.
Conny Luley war mehrfach in Gundelfingen um zu arbeiten und mit der Entstehung der Werkreihe #Albland vollzieht sie einen Farbtemperaturwechsel. Sie lässt sich ein auf die Farbtöne der ruhenden Wiesen, der aufragenden Burgketten und Felsen, der winterlichen Luft über dem Tal. Sie findet zurück zur goldenen Darstellung des Himmels, der Kunst des Mittelalters.
Mit der Serie #Albland schafft Luley Farbempfindungen von poetischer Kargheit. Hell-Dunkel-Kontraste bestimmen ihr Bildgeschehen, erzielt durch eine graduelle Verdünnung des gleichen Farbtons. Verwandte Farben gehen, wie zuvor bei #Nordland auch, enge Beziehungen zueinander ein.
Conny Luley hat in Gundelfingen eine Werkreihe, mit einem breiten Spektrum an fein aufeinander abgestimmten, als echt empfundenen, Farben erschaffen. Die Landschaft ist tatsächlich, die Luft ist klar, nicht der Hauch eines Dunstes. Anders über dem Tal, das silberne Band des Flusses, der Schnee, die Felsen, die Burgen. Als wäre die Zeit gefroren.
Kunst als Prozess und Kunst als Ergebnis, verbunden mit handwerklichem Können – ganz im Sinne von Anton Geiselhart.
“Sehr viel Schönheit und Glück entdecke ich.”
Museum+Stiftung Anton Geiselhart
Sabine Lang