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„Kunst kommt von Können, wenn es von Wollen käme, hieße es “Wolst”
sagt der Volksmund, nein, sagt die Spießerfraktion des Volksmundes.
Fällt mir nur ein, weil der Lebenslauf von Dietmar so anfängt:
1948 geboren
Gesellenbrief als Maler und Lackierer, versch. Berufe, seit 1988 freischaffender Maler.
Dietmar hat also auch gelernt, mit Farben und Pinsel ordentlich umzugehen und er hat noch viel mehr gelernt, dazu später.
Apropos gelernt:
Wie ich Dietmar Israel kennengelernt habe, weiß ich noch genau: am 07. September wurde in der Galerie Insel in Karlsruhe eine Ausstellung eröffnet, und zwar von Bärbel Hische (Cloppenburg). Dietmar hat die einführende Rede gehalten, und das war toll: die Rede war eine Ansprache an Bärbel Hische. Eher emotional als zu sachlich und keinesfalls zu lang, hat diese Ansprache richtig Spaß gemacht. Mit Rückblicken auf gemeinsame Ausbildungszeiten und Erlebnisse hat Dietmar sehr viel Information über Bärbels Arbeit und Ideen vermittelt, ohne zu dozieren.
Auffällig dabei Dietmars feinfühlige Formulierungen, vorsichtig und doch sehr deutlich…
Mit dieser persönlichen Art hat Dietmar das Publikum für die genauere Beschäftigung mit Bärbels Arbeit eingenommen und mich für sich. Nachdem ich dann noch in einem “Katalog” der Insel-Galerie Beispiele aus Dietmars eigenem Schaffen fand, war klar, daß endlich mal wieder ein Mann in die Serie der KünstlerInnenporträts kommen sollte.Darauf konnten wir uns schnell einigen, und innerhalb von zwei Wochen folgten einige Termine, die auch die umfangreichen Aktivitäten von Dietmar Israel widerspiegeln. Ein Wochende später startete Dietmars eigene Ausstellung in der Alten Kelter in Keltern- Ellmendingen, den tollen Rotwein zur Eröffnung hatte er selbst ausgesucht.
Sein „Atelier“ ist ein früheres Tabaklager, das ihm seine Heimatgemeinde Stutensee recht günstig vermietet. Dieses Haus hat insgesamt drei Etagen, bestehend aus jeweils einem riesigen Raum, unterbrochen nur durch hölzerne Pfeiler, und mit einem Duft von Tabak, der meine Nichtraucherseele fast zu irritieren vermag.
Der Menge an Platz stehen leider das zu bestimmten Tageszeiten zu geringe Licht und vor allem der Mangel an Beheizungsmöglichkeiten entgegen. Dietmar ist daher „Saisonarbeiter“. Die großformatigen Bilder, die er hier malt, entstehen im Winter kaum. In der kalten Jahreszeit liegen also die Prioritäten bei kleineren Arbeiten und bei seinem zweiten Beruf: wie die meisten KünstlerInnen kann auch Dietmar von der Malerei alleine nicht leben, doch hat er, wie schon gesagt, vieles gelernt: derzeit entsteht seine Abschlußarbeit als Gestaltungstherapeut (Klinische Gestalttherapie).
In Dietmars Lebenslauf wechseln sich Aus- und Fortbildungen im künstlerischen Bereich ab mit Seminaren am „Odenwald-Institut für personale Pädagogik“ und ähnlichem.
Die therapeutische Arbeit mit Kindern oder etwa straffällig gewordenen Jugendlichen beim Landesjugendheim Schloß Stutensee liegt ihm am Herzen – genauso wie seine Kunst.Beides hängt natürlich zusammen und beeinflußt einander: das Studium zum Gestalttherapeuten verlangt auch, selbst eine Analyse zu machen. Diese Arbeit an sich selbst und der Tod der Mutter vor kurzer Zeit finden sich in den Themen seiner Malerei deutlich wieder, auch die zunehmende Gegenständlichkeit seiner Bilder hängt, wie er selbst erklärt, damit eng zusammen. Eine kompetente Erläuterung (siehe später) von Dietmar Israels Arbeit hat Dr. Gert Reising von der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe gegeben.
Nach dem Besuch in seinem Atelier, einem ehemaligen Tabaklager fährt er meine Kollegin Franka und mich noch in das Rathaus seines Heimatortes Stutensee, wo er ebenfalls gerade eine Ausstellung von Dietmar begonnen hatte; Bilder und eine einzige, aber auch einzigartige Skulptur aus Holz.
Schließlich fahren wir noch an einem Turm vorbei, den Dietmar bemalt hat. Dietmar beschreibt dies bescheiden als “eher gutes Kunsthandwerk als künstlerisch”, und er will gerne ähnliche Gelegenheiten wahrnehmen, um die Kunst den Menschen auf diese Weise näherzubringen.
“Kunst kommt von Können”? Wer wie Dietmar Israel als Künstler gleichzeitig mitten im Leben steht, hat für solche Sprüche und überhaupt für Abgrenzungen keinerlei Bedarf.
Was den Menschen Dietmar Israel für mich persönlich auszeichnet, ist seine Sensibilität.
Bevor ich aus diesem Blickwinkel doch mal einen vorsichtigen Interpretationsansatz versuche, der aber nur hier steht, wenn dies von Dietmar Israel ausdrücklich erlaubt wurde, verweise ich auf die Erläuterung, die Dr. Gert Reising von der Karlsruher Kunsthalle zu Dietmar Israels Arbeit gegeben hat:
Ich selbst sehe Dietmars Arbeit in Phasen:
Zunächst waren Blick und Wahrnehmung eher (aber nie alleine) nach draußen gerichtet und suchten Welt und Menschen zu erkennen. Dabei wurden Strukturen sichtbar, feindifferenzierte Oberflächen, geprägt bereits von dem einem rätselhaften Darin oder Dahinter. Das Innere rückt nun in den direkten Blick, dessen Klarheit zunächst zu figürlichen Darstellungen führt, korrespondierend weiterhin mit den Strukturen, hinter die uns Dietmar blicken läßt.
Vielleicht wird schon die nächste Schaffensphase hinter den Figuren unseres Innern wiederum Strukturen sichtbar machen: Strukturen, die Außen und Innen verbinden und trennen, eine dynamische Einheit. Strukturen hinter den Formen.
Jürgen Linde, 1997