E-Mail: gundula-b@web.de
Es soll ein Tag sein…- über Gundula Bleckmann
ruhig, in sich gekehrt, friedvoll – die kontemplativen Arbeiten von Gundula Bleckmann bewirken bei mir eine ganz eigene Stimmung. Ein gutes Gefühl.
Sinnlich intensiv sind diese Malereien. Man darf sie berühren, weil die Haptik ganz entscheidend ist und fühlt etwas Besonderes. Schon seit ein paar Jahren kenne ich Gundula Bleckmanns hochsensible Arbeiten und will über sie und ihre Kunst schreiben.
Mehr noch als sonst erscheint mir die verbale Sprache, erscheinen mir meine Worte hierzu als völlig unzureichend.
Wer diese KünstlerInnenporträtserie verfolgt, weiß, dass wir darin immer wieder die Verbindungen und Grenzen zwischen verbaler Sprache und Bildender Kunst zu analysieren versuchen. Immer wieder auch gelangten wir zu Gedichten; die Lyrik, die selbst mit verbalen Mitteln Bilder schafft, scheint der Bildenden Kunst sehr nahe zu sein.
Nun wollen wir in diesem Geiste einen Versuch wagen: kürzlich wurde ich durch einen Zeitungsartikel erinnert an ein Gedicht von Lars Gustaffson: “Es soll ein Tag sein”.
Nach meinem Empfinden sind dieses Gedicht und die Bilder von Gundula so eng miteinander verbunden, dass wir einfach das Gedicht – über die folgenden Seiten hinweg – und die Bilder präsentieren.
Es soll ein Tag Anfang August sein
die Schwalben fort, doch eine Hummel
noch irgendwo, die im Himbeerschatten
ihren Bogen ausprobiert.
Du sollst da sein,
aber du sollst nicht viel reden,
mir nur ein wenig über die Haare streichen
Ein leichter, doch nicht hartnäckiger Wind
soll über die Wiesen des August gehen.
und mir in die Augen sehen
mit diesem kleinen Lächeln
zuinnerst im Augenwinkel.
Und dann will ich
nicht ohne Erleichterung
diese Welt verschwinden sehen
Lars Gustaffson: Es soll ein Tag sein
(aus dem Schwedischen von Verena Reichel)
Für mich, aus meiner Wahrnehmung, stehen diese Bilder und dieser Text in einem Zusammenhang.
Und doch denke ich, daß wir Bilder und Gedicht in dieser Verbindung anders wahrnehmen. Nicht, daß sie sich “gegenseitig interpretieren“, aber ich vermute eine transzendentale, eine geistige Verbindung.
Ob unser Experiment Sinn macht, hängt davon ab, ob es gelingt, durch die Poesie den Zugang zur Bildenden Kunst zu erleichtern (diese Frage ließe sich logischerweise auch umgekehrt stellen).
Überzeugt davon, daß der Zugang zur Kunst, gerade der zu einem einzelnen Werk, eine individuelle Angelegenheit ist, wird dies von Mensch zu Mensch verschieden sein und in vielen Fällen auch scheitern.
Wenn ich meine eigene Wahrnehmung wiederzugeben versuche, so um die Idee dieser Verbindung deutlich zu machen, um eine Anregung zu geben.
Gundula Bleckmanns Bilder lassen Frieden spüren, leben von ihrer Haptik nicht weniger als von visuellen Elementen. Es geht um Übergänge, die ganz fein sind, aber nicht schwer, sondern leise und schön. Notwendig und richtig.
Der Übergang vom Leben in den Tod ist zweifellos notwendig. Leise und schön ist dieser Übergang dann, wenn das Leben erfüllt war, wenn der Tod akzeptiert werden kann als notwendige Vollendung des Lebens, welches wir ja nicht erklären können, ohne auch vom Tode zu sprechen.
Gundula Bleckmanns Kunst beschreibt die Schönheit eines Lebens, welches zum Tod nicht mehr in Widerspruch steht. Wenn Bewegung und Ruhe in einer dialektischen Beziehung stehen, so wird hier die Synthese erahnbar. Heimat im Sinne Ernst Blochs klingt hier an.
Ein Übergang in hellem Licht – Es soll ein Tag sein.
Jürgen Linde, im Mai 2006