Christina Hanser im Internet | Website: www.christina-hanser.de
E-Mail: christina.hanser@freenet.de
Christina Hanser hat, das darf hier erwähnt werden, ursprünglich Soziologie studiert, um dann ihrem Hang und Drang zur Kunst zu folgen und Kunstpädagogik zu studieren. In dieser Arbeit dann, vor allem mit an Demenz erkrankten Menschen, hat sie viel gelernt – über Kunst, über die Welt, über Sinne und Wahrnehmung. Ein wahrhaft breites Spektrum…
…in dem die Philosophie sicher nicht fehlt:
“Um etwas von mir zu erfahren, gehe ich bei mir selber in die Fremde. Wenn dieses tiefe Einlassen gelingt, geht es immer um radikale, existentielle Erfahrungen.“
(Christina Hanser auf ihrer Website)
Selbständig seit 2008, hat sie sich jetzt entschieden, ihre Arbeit als Kunstpädagogin in den Hintergrund zu stellen und sich mit ganzer Energie auf die eigene künstlerische Arbeit zu konzentrieren.
Ein Blick auf ihre Website zeigt: Endlich! Die Zeit ist reif.
Hier sind auch heute noch Arbeiten zu sehen aus ihrer “Phase der gegenständlichen Malerei“ und ihre Aktbilder und auch andere Arbeiten zeigen nicht nur ihr zeichnerisches Talent, sondern lassen bereits den Weg zur abstrakten Arbeit erahnen. Die Formen sind gut erkennbar und beginnen gleichzeitig zu verschwinden…
Die aktuellen Arbeiten, denen man sicherlich eine Nähe zum Informel zusprechen darf, zeichnen sich aus durch eine ganz eigenwillige Mischung aus farblicher Stärke und Präsenz einerseits und strahlen andererseits eine, ich nenne es hier “kontemplative Ruhe“ aus, die dem Betrachter einiges abverlangt und noch mehr schenkt. Eben diese Ruhe, das Zu-sich-kommen. Was dem religiösen Menschen das Gebet ist, ist ja manchmal dem Kunstfreund die Kunstbetrachtung.
Und dann haben die Bilder, meistens jedenfalls, Titel. Keine Titel aber, die dem Betrachter die Interpretation vorgäben oder ihn sonst irgendwie festlegen wollen. Im Gegenteil, die Titel selbst regen erst recht zum Nachdenken an und bestimmt wird jeder Betrachter zu jeder einzelnen Arbeit seine eigenen Gedanken/ Gefühle haben.
Am stärksten erscheinen mir die jüngsten Arbeiten der Künstlerin:
Ein Bild hat den Titel: “Wir sehen nicht was wir sehen, sondern was wir sind“. Klingt ja mindestens geheimnisvoll, aber auch spannend. Gerade lief im Radio ein Stück der Toten Hosen; eine Zeile passt nach meinem Empfinden gut zum Bild: “Wir sind uns noch nie begegnet, doch hab ich Dich schon lang vermisst”.
Insgesamt sind die Bildtitel (hier oben aus einem Gedicht von Hilde Domin) sehr inspirativ:
Ich zeige Ihnen noch drei Beispiele und ein paar Gedanken dazu:
“Ich fahre…”:
Wegfahren wollen, unterwegs sein wollen, ankommen wollen?
Dieses Bild erzählt uns viel, fast alles vielleicht: Für mich geht es um Heimat – wo ist sie? Ist sie da, wo ich herkomme, oder da wo ich bin – gerade jetzt also auf dem Weg. Ist dann doch der Weg das Ziel? Oder ist Heimat der Ort, den wir finden wollen, dort, wo wir (endlich?) ankommen können. Oder sind die, die wir lieben, unsere Heimat oder können wir Heimat nachher nur in uns selbst finden, irgendwann vielleicht und überhaupt nur, nochmal vielleicht, im eigenen Kopf?
Schwierige Fragen, die wir nicht wirklich beantworten können. Wahrscheinlich
ist es doch so, wie wir schon länger vermuten: Kunst gibt keine Antworten, Kunst stellt Fragen – und diese Fragen sind die Antwort.
“Übergänge”:
Christina Hanser ist auf der Reise, sie ist auf einem richtig guten Weg und wir freuen uns darauf, sie weiter begleiten zu dürfen.
Übergänge: wieder ein sehr inspirativer Titel. Natürlich denkt man daran, dass der Übergang von der hier schon fast vollständig verschwundenen Gegenständlichkeit zur Abstraktion gemeint sein könnte, genauso aber auch der Übergang von der Farbe Rot zu Blau oder natürlich der Übergang vom Leben zum Tod. Wir sehen wieder: die Titel begrenzen nicht unsere Phantasie, sondern beflügeln sie: Allgemein fragt mich der Titel “Übergänge“: (woher und) WOHIN?
Gespannt darauf, was hier noch alles passieren wird, wünschen wir gute Fahrt, denn alles ist
im Fluss!
Jürgen Linde im November 2015