Regina M. Fischer über den Bildhauer Stefan Faas

Doppelporträt über Stefan Faas:
Teil 1: Regina M. Fischer über den Bildhauer Stefan Faas
Teil 2: Jürgen Linde: Es gibt keinen Spiegel?

Lange schon geplant ist hier das Künstlerporträt über den Stahlbildhauer Stefan Faas. Mehrfach haben Terminprobleme zu Verschiebungen geführt. Stefan Faas’ aktuelle, sehr wichtige Ausstellung in der Foundation Vasarely [ Aix en Provence ] in Südfrankreich ist nun der erfreuliche Anlass, vorab schon einige Bilder seiner Arbeit – und das erste von zwei Porträts – zu präsentieren.

Das komplette Porträt erscheint dann in Mai oder Juni 2023 – wieder ein Doppelporträt: Wir konnten die Kunstexpertin Regina M. Fischer, die Stefan Faas und seine Arbeit sehr gut kennt und schon viele seiner Ausstellungen kuratiert hat, als Ko-Autorin gewinnen. Wir danken Regina M. Fischer dafür, ihren Text schon jetzt veröffentlichen zu dürfen.

Stefan Faas im Internet:
Website: | www.stefan-faas.de/
E-Mail: | info@stefan-faas.de

Aktuelle Ausstellungen und Projekte von Stefan Faas:

Regina M. Fischer über Stefan Faas

Der Stahlbildhauer Stefan Faas gestaltet seine Stelen und Köpfe aus zwei Materialien mit gänzlich unterschiedlicher Oberflächenbeschaffenheit: Cortenstahl und hoch poliertem Spiegelstahl.

CORTENSTAHL

Die bis zu monumentaler Größe aufragenden Cortenstahl Stelen beziehen sich, wie alle Arbeiten von Stefan Faas auf den menschlichen Körper. Sie sind jedoch stark reduziert und in ihrer anthropomorphen Gestalt verfremdet.
Die Unikatkunstwerke bestechen durch ihre reduzierte Fomensprache, die den Skulpturen eine überzeitliche und damit wertbeständige Aura verleiht.

Bild links: Skulptur bei der Kita Vogelnest in Pforzheim-Brötzingen
Anthropocor, Oui à la famille, 2016, Cortenstahl, 5 m | © Stefan Faas, VG Bildkunst Bonn, 2023

Im künstlerischen Prozess, von der Skizze über den Zuschnitt der Seiten, ist es unerlässlich von Beginn an dreidimensional zu denken und die fertige Skulptur sowohl in ihrer Dimension, als auch von allen ihren Seiten und in Bezug auf den Raum zu imaginieren.

Die fein differenzierte Patina des Cortenstahl bildet eine Art Schutzmantel und enthält damit auch eine symbolische Dimension.
DIE SEELE DES STAHLS, wird geprägt durch die im Material vorhandene unterschiedliche Härte, den Faserverlauf der Moleküle und die nicht zu beherrschenden Wärmezonen. Das bedeutet: der Prozess bei großer Krafteinwirkung und gleichzeitig sehr hohen Temperaturen lässt sich nur bedingt und nicht immer präzise steuern.

Dem Vermögen des Künstlers Stefan Faas stehen, in Gestalt von Härte, Faserverlauf und Hitze, Widerstände gegenüber, denen er sich zuweilen unterwerfen muss. Das Kräftemessen auf die Spitze zu treiben, würde bedeuten die Seele des Stahls und mit ihr das Kunstwerk zu zerstören.

SPIEGELSTAHL
Die hochpolierte Oberfläche des Spiegelstahls erweitert die Skulptur um eine weitere, entscheidende Dimension. Neben der Form und dem Bezug zum Raum tritt nun die Reflexion hinzu.
Die gesamte Umgebung spiegelt sich ebenso wie der Betrachter in der blanken Oberfläche und wird somit zu einem Teil des Kunstwerks.

Bild rechts: Anthropomir, Tesserakt, 2017, 1/5, Spiegelstahl, 36 cm | © Stefan Faas, VG Bildkunst Bonn, 2023

Im übertragenen Sinne ist es eine Reflexion über das eigene Ich und das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft. Diese inhaltliche Tiefe steht im Dialog zur formalen Konsequenz, und macht die Werke von Stefan Faas zu begehrenswerten Kunstwerken von zeitloser Ästhetik.

Alle Körper haben im flüchtigen Vorübergehen alle ein verwandtes, anthropomorphes Erscheinungsbild, jedoch bei näherer Betrachtung der Skulpturen kommen hier sehr unterschiedliche Charaktere zum Ausdruck.
Das Erkennen der Feinheiten verlangt natürlich vom Betrachter ein erhebliches Maß an SICH EINLASSEN auf das Kunstwerk, wobei hier jeder Rezipient einen anderen, individuellen Erfahrungshorizont einfließen lässt.

Regina M. Fischer im April 2023

Seiten: 1 2