Hausbesuch des kunstportals-bw auf der Art Karlsruhe 2025
“Hallo Jürgen, sorry: jetzt vor der Art Karlsruhe geht terminlich gar nix mehr, danach dann können wir uns gerne treffen“ solche Antworten von Kunsthäusern in BW sind ganz normal, wenn man ab Mitte Januar eine freundliche und eigentlich auch sinnvolle Terminanfrage formuliert und versendet.
Jedes Jahr ist es genauso; wenn man Kunden oder andere Menschen anruft: bis Mitte Januar ist keiner da; bestenfalls weist der Avatar in seiner automatischen Antwort darauf hin: “Ich bin bis (mindestens?) 15.01. nicht im Büro; diese Mail wird nicht weitergeleitet; in dringende Fällen wenden Sie sich bitte an xY (der gerade dann krankheitsbedingt blau macht)“
Ab Mitte Januar sind dann viele wieder da, aber im Kopf schon auf der Messe, was alle anderen Themen in der Prioritätenliste gefühlt unendlich weit runterschiebt: Zuerst kommt die Messe
dann kommt nix, und dann nochmal nix und dann gar nix, und dann – na ja, vielleicht – die Zukunft?
Wir haben uns gefragt, warum ist denn diese ziemlich reale Messe so unglaublich wichtig in unserem Digitalzeitalter? Ist denn – vor allem seit Corona – der Besuch einer realen Kunstmesse nicht längst antiquierter Schwachsinn, nur was für alte Leute, Ewiggestrige oder noch schlimmer?
Nun ja, in – auch antiquiert wirkender – Reportermanier habe ich mich dazu aufgerafft, der obigen Thematik nachzugehen – durch eine Recherche vor Ort. Nach langer und furchtbar zäher Verhandlung erteilt mir der CFO (Chief Financial Organisation) des kunstportals-bw am späten Dienstag Abend die Genehmigung zur Dienstreise: „na gut, ja mein Gott, wenn’s unbedingt sein muß, dann fahr halt morgen dorthin, aber auf jeden Fall ohne Hotelübernachtung!“.

Bild oben: am Bahnhof Dombühl, Mittwoch, 19.02.2024; 06.58; Foto: Jürgen Linde
Zeitgemäss – ökologisch/politisch korrekt – fahre ich also mit dem 58€-Ticket per Nahverkehr zur Messe. Vom Headquarter des kunstportals-bw im kleinen, aber (wie bei Asterix und Obelix im uneinnehmbaren) mittelfränkischen Dorf Lohr (bei Rothenburg) geht es morgens um 06:10 Uhr los – mit dem Bus nach Dombühl, grenznah zu Baden-Württemberg ein wichtiger Verkehrs-Knotenpunkt, wo ich manchmal eine Fotoimpression – ganz ltmodisch – gerne “mit Sonnenaufgang am Bahnhof“ mitnehme (siehe oben).
Die Messe begann am 19. Februar um 12 Uhr – mit der eigentlich ja auch wieder altmodischen – Pressekonferenz, die ich dreist geschwänzt habe, um direkt in die heiligen Hallen der Kunst zu wandeln. Mir ist dabei klar, dass der eigentliche Messebetrieb erst später am Tag beginnen wird – dann geht es vielen der Besucher darum, neue und auch ganz, ganz neue Kunst zu sehen und zu erleben in dieser besonders konzentrierten Messatmosphäre, wo man anfangs sogar oft die Künstler selbst bei ihren Werken antreffen kann.
Auch geht es dann – den immerhin 187 Galerien aus 16 Ländern – die hier Arbeiten “ihrer“ Künstler präsentieren, um diese dann möglichst auch zu verkaufen – dafür bezahlt der Galerist die Standmiete, davon lebt die Messe.
Um halbzwölf – bevor die Sammler zum Einkaufen kommen – sehe ich überall schon Menschen in intensiven Gesprächen; begeistert, gestenreich und engagiert. Künstler, die mit ihren Galeristen noch um Details bei der Hängung diskutieren (nein, sorry, das muss genau hier hängen!); verschiedenste Kunstleute, die sich endlich mal wieder persönlich treffen und bei einem heißen Cappucino über Politik oder Kunst oder sonstwas streiten und sprechen – Kommunikation eben.
In all der auch jetzt schon spürbaren Hektik, die zu einer Messe einfach dazugehört und die man nachher (die schmerzenden Füsse vielleicht in gerade heissem Wasser entspannend) als “mal wieder furchtbar anstrengend, aber halt auch total toll und inspirierend“ erlebt hat und damit vor denen protzt, die noch nicht dort waren und denen man den Besuch – „die Präsentation von Necomer yz mußt Du Dir unbedingt anschauen“ zwingend ans Herz legt.
Auch ich empfehle den Messebesuch und habe dazu einen besonderen Tipp: Genießen Sie den Messebesuch, gerne auch die Hektik – und als Kontrastmittel immer auch mal eine Ruhepause: Ideal hierzu geeignet sind die auf der Art Karlsruhe ja schon lange etablierten Skulpturenplätze.
Zur Messe gehört die Hektik, damit auch die Anstrengung, zur Kunst gehört nicht weniger aber auch die Kontemplation, das In-Sich-Gehen, die Langsamkeit, die auch den Füssen wohl tut: Optimal verbinden Sie beides auf oder am Rande der Skulpturenplätze unserer kunstportal-bw-Künstler Karl Manfred Rennertz (H1, A24), Manuela Tirler (H2, E17) und Stephan Wurmer (H1, B27), der auf Art Karlsruhe präsentiert wird von der Münchner Galerie Fenna Wehlau, wo Stephan Wurmer auch gerade in einer Ausstellung in der Galerie zu sehen ist: bis 14.03.2025: Skulptur aktuell – Madeleine Dietz, Stephan Wurmer, Jörg Bach, Dieter Kränzlein:
(Mindestens) Zig Begegnungen in nur zwei Stunden auf der Messe haben mir wieder einmal gezeigt, wie gut Hektik und Ruhe zusammenpassen, in konzentrierter Kommunikation ganz realer Menschen.
Messen sind Marktplätze im besten Sinne – und nur analog machbar. Die Füsse halten es dann auch aus – irgendwie, muss ja.
Die Digitalisierung unserer Welt schreitet langsam voran; bleiben werden
analoge Kunstbegegnungen.
Jürgen Linde, 20.02.2025