Die Freiheit der Kultur basiert auf unserer Kultur der Freiheit.
Hinkelstein, der wöchentliche Newsletter des kunstportals baden-württemberg:
Jeden Sonntag frisch auf den Screen

Bild oben: Johanna Jakowlev: Schwemmsand, 2016, 110 x 160 cm
Liebe Leserinnen und Leser,
anknüpfen an den letzten Hinkelstein? Jein:
Einerseits hätten wir ja die Jubilläumsausgabe letzte Woche nutzen können, um jetzt ganz neu anzufangen – mit frischer Energie, sozusagen.
Andererseits aber
1. wo soll die frische Energie herkommen, das schlechte Wetter der letzten Wochen (die extreme Hitze ist keine Freundin von mir) hat mir eher die letzte Kraft geraubt.
2. lernen wir ja vom letzten deutschen Regierungswechsel, dass ein radikaler Neuanfang nichts anderes bedeutet, als dass alles gerade so weitergeht wie bisher; nur ging es in Berlin mit ein paar Hundert Milliarden Sondermitteln (=neue Schulden) halt anfangs etwas besser geschmiert.
Nicht zuletzt sind ja auch unsere alten Themen weiterhin aktuell: die Gefahr eines totalitären Herrschaftssystems ist nicht vom Tisch; am Ende des Hinkelsteins Nr. 52 hatten wir ja angekündigt, dass wir diese wohl insgesamt eher schleichende, oft kaum wahrnehmbare Entwicklung weiter beobachten werden.
Die Entwicklung in Richtung eines neuen Totalitarismus, die mit zunehmend autokratischen Machtstrukturen beginnt oder einhergeht, setzt sich fort: Schon mehrfach haben wir gesehen, dass (vor allem in den USA gut sichtbar: Dank Trumps Lautstärke, auch dank des größeren Abstands (ca. 1 Atlantik), der uns leichter sehen läßt) ein Prozeß der Gleichschaltung begonnen hat:
Dass und wie Donald Trump unliebsame Richter, wo es möglich ist, direkt rauswirft und ansonsten das amerikanische Rechtssystem und die Gewaltenteilung aushöhlt, hatten wir schon. All dies kommt uns aus unserer eignen deutschen Geschichte bekannt vor: Gleichschaltung ist auch heute der treffende Begriff.
Natürlich ist das auch in den USA eine langsame Entwicklung, auch wenn die trumpbedingten zahlreichen spontanen Disruptions (siehe unsere News-Liste weiter unten), immer wieder daran erinnern, aufmerksam zu bleiben. Und nicht abzustumpfen:
Es gibt nur eine Zeit, in der es wesentlich ist aufzuwachen – diese Zeit ist jetzt.(Buddha; 560 – 480 v. Chr.).
Zwischenzeitlich haben Trump und seine Mitstreiter (neben den üblicherweise woken und linksradikalen Wissenschaftlern und den durchweg linken Universitäten) auch direkt die Kunst ins Visier genommen:
[Musik zu diesem Thema zu finden war schwierig; man könnte losheulen: Den Blues dazu liefert Deep Purple: When a blind man cries (Live @ Jazz-Fest Montreux, 1996)
Schon am 28.07. schrieb (wieder) die FAZ S.9, Feuilleton) von “Trumpkunst“: beginnend scheinbar satirisch zeigt ein KI-generierter Film eines rechten Künstlers (Curtis Jarvin), wie dieser in einem Coup den amerikanischen Pavillon auf der nächsten Kunst-Biennale in Venedig übernimmt und die liberale Kunstwelt im Canale Grande versenkt.
“Man könnte“, so schreibt Niklas Maak, „“den Film als schrillen Unsinn abtun, wenn er nicht ziemlich präzise die seltsame Mischung aus Apokalyptik, Hass auf Liberale, Antidemokratismus, Angst vor dem Untergang des Abendlandes und irrer Fantasy auf den Punkt bringen würde, die Teile der amerikanischen Tech-Welt auszeichnet. So teilen Peter Thiel und Jarvin viele Überzeugungen, beide haben die Kultur als einen Hauptschauplatz im Kampf um ideologische Deutungshoheit ausgemacht“ …
So wie wir alle Donald Trump inzwischen kennen, wundern wir uns nicht, dass er auch sofort loslegt und dort, wo er kraft seiner präsidentiellen Macht direkt eingreifen kann, ebendies auch – sofort -tut:
Tag für Tag kommen dazu inzwischen neue Schlagzeilen, neue Anschläge auf die Kultur des Landes, so dass wir kaum noch hinterherkommen mit dem Sammeln der News zum Thema, wobei das Waffenarsenal in voller Breite genutzt wird: wo immer möglich, werden Mittel gekürzt oder ganz gestrichen; werden kritische Museumsleiter entlassen / ersetzt, um die jeweiligen Programme und Institutionen auf Linie zu bringen.
Ähnlich wie hierzulande sind ja auch in den USA viele Institutionen in Kunst und Kultur mehr oder weniger stark abhängig von staatlichen Zuschüssen
Ähnlich wie hierzulande sind ja auch in den USA viele Institutionen in Kunst und Kultur mehr oder weniger stark abhängig von staatlichen Zuschüssen. Der Ernst der Lage, der Ernst dieser Gleichschaltungsstrategie wird deutlich, wenn wir sehen, wie inzwischen direkt die Museen der ideologischen Kontrolle unterzogen werden sollen;
Bisher haben wir vielfach von Einzelfällen gelesen, die jeweils für sich schon starke (früher hätten gesagt: „Schlagzeilen“ liefern. Immer deutlicher aber wird, dass die Einzelentscheidungen zur Gleichschaltung offenbar auf einem planvollen Gesamtkonzept basieren:
In den letzten Wochen und Tagen häufen sich zu dieser Thematik natürlich die Nachrichten, so dass es kaum mehr möglich ist, auch nur annähernd einen Überblick zu behalten (zu erringen). Wir haben deshalb versucht, die wichtigsten Meldungen herauszugreifen und empfehlen dazu unsere nachfolgende Linkliste:
Das bislang vielleicht deutlichste Beispiel gnadenloser Gleichschaltung ist wahrscheinlich Trumps Übernahme des Kennedy-Centers:
Ein Textbeitrag im Spiegel Online (Spiegel; 13.08.2025, 03.48 Uhr:)
Donald Trump (USA): Regierung will kontrollieren, was in Museen gezeigt wird – DER SPIEGEL
Dazu die ARD-Tagesschau:
Alleinherrschaft: Trump übernimmt Leitung des Kennedy Centers
Präsident Trump sagt der Kultur den Kampf an. | Bild: NDR
Der US-Präsident hat die Kontrolle über das Kennedy Center übernommen und der Kultur den Kampf angesagt. Er inszeniert sich als Alleinherrscher über die altehrwürdige Institution. Deren Leitung hat er abgesetzt und den Vorsitz ihres Kuratoriums gleich selbst übernommen.
Hierzu ein Video-Beitrag aus TTT (Titel Thesen Temperamente; ARD):
https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/videos/trump-video-100.html
Im TV_Beitrag „Politik kapert Kunst“ zeigt die ARD, unter anderem mit Kommentaren und kritischen Worten z.B. von Hito Steyerl, wie die Politik hierzu sogar auf avantgardistische Techniken zurückgreift.
https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/ttt-politik-kapert-kunst-100.html
Ein weiteres zentrales Thema ist derzeit Trumps Kampf gegen die Smithonian-Institution: Das Smithsonian, ist eine Gruppe von Museen, Bildungs- und Forschungszentren, die 1946 von der US-Regierung gegründet wurde.
Nun geht US-Präsident Donald Trump verstärkt gegen die ihm unliebsame Darstellung der Vereinigten Staaten in bestimmten Museen des Landes vor. Er kündigte am Dienstag an, er werde seine Anwälte in die Forschungs- und Bildungseinrichtung Smithsonian Institution schicken.
Dazu Spiegel online am 20.08.2025; 08.13 Uhr: »Die Smithsonian ist AUSSER KONTROLLE«, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social. »Dort wird nur diskutiert, wie schrecklich unser Land ist, wie schlimm die Sklaverei war und wie schlecht es den Unterdrückten ging«, schrieb Trump. »Nichts über Erfolg, nichts über Glanz, nichts über die Zukunft.«
Die wohl wichtigste Institution amerikanischer Kultur und Geschichte verbindet Wissenschaft und Museumsarbeit, wobei aus Trumps Sicht Amerika hierbei zu negativ dargestellt wird, was korrigiert werden soll:
TRUMPS KAMPF gegen „woke Erinnerungskultur“: White Washing statt Aufarbeitung der Kulturgeschichte – YouTube
Jetzt knöpft sich Donald Trump auch Museen vor: Der US-Präsident will unter anderem Ausstellungstexte und Websites auf Tonfall, historische Einordnung und »Übereinstimmung mit amerikanischen Idealen« untersuchen lassen.
Zweifellos werden sich die Museen ganz ähnlich wie die Universitäten / die Wissenschaft gegen diese Bevormundung mit allen Kräften wehren. Kann aber dort, wo diese Institutionen von staatlicher Finanzierung abhängig sind, der Prozess der Zensur und der Gleichschaltung aufgehalten werden?
Wie stark der Widerstand sein kann und sein wird, ist weniger eine juristische Frage, als vielmehr eine politische:
Wir werden weiter beobachten. Im Hinterkopf die Frage, ob und inwieweit der Kampf gegen die Freiheit von Kunst und Kultur Teil einer umfassenderen Kampf- und Herrschaftsstrategie ist.
Und: wird es, auch wenn Trump mit dem Habitus eines „Unbesiegbaren“ auftritt, eine Gegenbewegung geben, die die Freiheit der Kunst und damit die Freiheit insgesamt verteidigt?
Ja, „In der Not wächst das Rettende auch“ (Hermann Hesse): Im Hinkelstein 54 nächste Woche berichten wir über die sich gerade strukturierende Gegenewegung; wie es aussieht, werden sich hier alle Künste zusammen tun: u.a. auch Heavy Metal und (hier schon mal instrumental) Klassik/Jazz: Steven Taylor & 2Cellos: Dream on, Walk this way
Wir wünschen Ihnen in diesem Sinne nun einen jetzt erst recht schönen Sonntag. Den besten Einstieg hierzu liefern wir wie gewohnt mit unseren
guten Nachrichten aus der Kunst am Sonntag, dem 24.08.2025:
Neu am 24. August 2025: | Künstler | 07.10.2025 – 22.02.2026 | Mischa Kuball, Boris Petrovsky u.a.: | Kunstmuseum Celle: | Kometen. 25 Jahre Kunstmuseum Celle
Neu am 24. August 2025: | Museum im Prediger Schwäbisch-Gmünd | 01.12.2025 – 26.07.2026: | Drei Generationen Baumhauer.
Neu am 24. August 2025: | ZKM Karlsruhe | Fr, 12.09.2025; 19 Uhr | Medientheater | How to keep ahead in a competitive world: | EnBW x ZKM Dialogue: The Innovation Crisis
Neu am 24. August 2025: | Newsletter Hinkelstein: | Sonntag früh frisch auf den Screen: | 24.08.2025 | Hinkelstein 53 | Kulturkampf in den USA?