Zwischenräume
Städtische Galerie Karlsruhe | 23.03. – 25.08.2024
Eröffnung 22.03.2024, 19 Uhr
Do, 27.06.2024; 18 – 21 Uhr: (im Rahmen der Ausstellung) Veranstaltungs-Highlight: | „sonic overlay“_ eine audiovisuelle Zusammensicht: 5 Uraufführungen & 8 Improvisationen in der Städtischen Galerie Karlsruhe |
Foto-Impressionen der Ausstellung von Uli Deck
Mehr als ein Dutzend neue, ortsbezogene Arbeiten von Leni Hoffmann werden vom 25. März bis 25. August 2024 in der Städtischen Galerie Karlsruhe zu sehen sein. Seit nunmehr 35 Jahren verändert die Künstlerin mit ihren radikalen Arbeiten und zeitlich begrenzten Interventionen Sehgewohnheiten. In den museal genutzten Räumen der
ehemaligen Munitionsfabrik des Hallenbaus reaktiviert sie aktuell mit ihren in situ entstandenen Werken Zwischenräume, die von den Besucher*innen gemeinhin nicht wahrgenommen werden. Das Ergebnis ist spektakulär.
© Künstlerin, VG Bildkunst, Bonn 2024
Wie Leni Hoffmann (1962) Räume denkt, fordert und formt, zeigt sie eindrucksvoll in ihrer aktuellen Ausstellung „UBIK_un pezzolino da cielo“ in der Städtischen Galerie Karlsruhe. In den seit 1989 museal genutzten Räumen der ehemaligen Munitionsfabrik, wo seit dem Ersten Weltkrieg Tausende von Zwangsarbeiterinnen Munition und Waffen produzierten, zeigt sie „ein Stückchen Himmel“. Ausgehend von der Architektur, ihrer Nutzung, der Wegeführung
oder dem Lichtverhalten entstanden über viele Wochen orts- und kontextspezifische
Interventionen und temporäre Installationen, die mit sinnlichen Oberflächen und farbigen
Materialien den Grenzbereich zwischen Malerei und Objekten, dreidimensionalem Raum und
zweidimensionaler Wand ausloten. Mit einer Vielzahl von In-situ-Arbeiten sowie Printprodukten
und kleinformatigen Bildern nimmt Leni Hoffmann die Museumsräume regelrecht in Besitz und
initiiert Dialoge von Farbe, Formen und Materialien.
Nähern sich die Besucherinnen dem Hauptausstellungsraum, dem sogenannten Lichthof 10, stutzen sie öglicherweise angesichts des scheinbar schwungvoll auf die 15 Meter hohe Museumswand geschleuderten Putzes oder des großflächig in Farbe getauchten Parketts: Ihre monumentale Wandschüttung „sid“ und die Abfolge von agenta-, gelb- und blaufarbigen Knetflächen auf dem Boden lädt die ohnehin schon prägnante Industriearchitektur der ehemaligen Munitionsfabrik und ihre Geschichte zusätzlich auf. Ein zentrales Element von Leni Hoffmanns malerischen Materialerkundungen ist dabei leuchtend farbige Knete.
In der Arbeit „under milkwood“ wird die Knetmasse direkt auf dem Boden aufgetragen. Nähern sich die Besucherinnen dem Werk, hinterlassen sie Spuren, die Teil der Arbeit werden. Das Werk vollendet sich so erst im Laufe der Ausstellung durch die Partizipation der Besucherinnen. Tausendfach werden Schritte der Passantinnen ihre Spuren hinterlassen und die Farben sich vermengen. Aus dem wahrgenommenen Raum wird für die Besuchenden ein Erfahrungsraum. Im Sinne der Künstlerin werden sie teil eines kollektiven visuellen Gedächtnisses.
Bild oben: Leni Hoffmann: under milkwood, 2017; Kunstmuseum Stuttgart; Knete auf Boden, 114 x 441
Foto: CHEN Fei; © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Insgesamt realisiert Leni Hoffmann ihre radikalen und auch politischen Arbeiten sowohl im Museum als auch im öffentlichen Raum – oder im unmittelbaren Eingriff in den Produktionsprozess einer Tageszeitung. Eigen sind vor allem die ausgewählten Materialien und eingesetzten Techniken: Mit durchgefärbter Knete, geschüttetem Putz, Glas, Papier oder Sound untersucht sie die Möglichkeiten von Malerei. Die Farbe, losgelöst von der Leinwand, trägt sie dabei in den architektonischen Raum des Museums und lässt so gemeinhin übersehene Zwischenräume zu Bildräumen werden. Im Zentrum ihrer Arbeiten stehen die Betrachter*innen, die an jeder Bildschöpfung beteiligt sind. Für die aktuelle Ausstellung nimmt Leni Hoffmann die einzigartige Architektur eines der größten Industriedenkmäler Deutschlands auf. Die SGK zeigt die erste große Einzelausstellung der Künstlerin in Karlsruhe, wo Leni Hoffmann seit 2002 als Professorin für Malerei und Grafik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe lehrt.
Bild links:
Leni Hoffmann: che, 2009 (Detail)
Obraztsova Ulica, 3 Moscow Biennale 2009
Foto: Manuel Franke
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Leni Hoffmann war 1993 „ars viva“-Preisträgerin des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft, Preisträgerin der Villa Massimo in Rom, ihr wurde der Gabriele Münter Preis zuerkannt, wie auch der Bayerische Kunstförderpreis sowie der Kunstpreis des Landes Niedersachsen. Hervorzuheben ist der Preis der Stiftung Kunstfonds für eine Werkverzeichnung, deren erster Teil zum Ende der Karlsruher Ausstellung erscheinen soll.
In zahlreichen Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, darunter im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, in der Queensland Art Gallery, Brisbane, im Kunstmuseum St. Gallen, im Sprengel Museum Hannover, im Museum Ludwig, Köln, im Lenbachhaus München, im Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen und im Kunstmuseum Stuttgart, wurde das eindrucksvolle Werk der Künstlerin gezeigt.
Eröffnung 22/03/2024, 19 Uhr