Manfred Binzer online:
Website: Manfred Binzer
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Aktuelle Ausstellungen und Projekte von Manfred Binzer
- Offenes Ateliers Manfred BinzerManfred Binzer | 11. – 13.07.2025 | Atelier Altes Schulhaus Obrigheim
- Offene Ateliers in MannheimManfred Binzer, Fritzi Haußmann, Ana Laibach, Inessa Siebert u.v.a.: | 04. – 06.07.2025 | Offene Ateliers in Mannheim
1. Die Dialektik der Kunstbetrachtung
als sehr ruhig und konzentriert, sehr kontemplativ erlebe ich die Kunstwerke Manfred Binzers – Malerei, Druckgrafik, Skulptur und Installationen.
Die Malerei ist zweifelsfrei der Arbeits-Schwerpunkt des Künstlers, der, wie wir sehen werden, sehr vielfältig unterwegs ist. Malerei, die sich selbst genügt und die Binzer eben als Malerei zelebriert. Auf diese Weise wird auch die Tätigkeit des Sehens, der dem Malen als Prozeß vorausgeht und diesem gleichzeitig auch innewohnt, als solche zum Thema.

Bild oben: Ara | 165 x 250 cm | Öl/Leinwand; 2011
Manfred Binzers Arbeit fordert und schenkt uns gleichzeitig die Ruhe, die wir brauchen, um zu sehen und um nachzudenken. Die kursiv hervorgehobenen Ambivalenz erweist sich als eine vermeintliche, ein dialektischer Widerspruch, der sich, manchmal ganz einfach, selbst aufhebt im Prozeß des Bildbetrachtens, den wir eben deshalb gleichzeitig als Genuss und als Anstrengung erleben.
Dieser erste Anfang meines Textes könnte auch am Ende stehen.?
Mein erster Arbeitstitel dazu ist deshalb: Die Dialektik der Kunstbetrachtung
Meine konfuse Situation als Texter rührt daher, dass es mal wieder viel zu viele lose Fäden sind, die ich zu verbinden versuche nach meinem gestrigen Besuch bei Manfred Binzer in seinem Arbeitsraum in den Mannheimer Hafenateliers.
Machen wir also aus der Not eine Tugend. Eine seltsame, witzige Redewendung, die wir auch „leben“ (Durchwursteln) nennen könnten. Ich mache nun einfach mehrere Anfänge, bis sich ein Schluss irgendwie (irgendwo, irgendwann …) ergibt …?
2. Versuch: manchmal hilft es, der Reihe nach zu erzählen: (2.) chronolgisch; „ …keine Angst mehr“.
Mein erster Kontakt zur Kunst Mandfed Binzes war im Jahr 2003 im Karlsruher Landgericht:
Oktober 2003 bis 10.01.2004 ; Manfred Binzer, Franziska Schemel, Michael Schneider, Günter Wagner:
Kunst im Landgericht [Landgericht Karlsruhe] – Detailseite – LEO-BW
Persönlich habe ich Manfred Binzer dann erst 2011 kennen gelernt: er war der Haupt-Intiator des Atelierhauses Altes Güteramt im Mannheimer Hafen. Am Eröffnungswochenende dort hatte ich unter anderen die Künstlerinnen Fritzi Haußmann und Inessa Siebert kennen gelernt, über die dann bald die gerade schon verlinkten Porträts erschienen waren.
Manfred Binzer, der damals dort natürlich auch ein Atelier hatte, war während der Eröffnung ständig unter Beschlag so dass es lange dauerte, bis gestern endlich unser Kontakt zu einem Atelierbesuch bei ihm führte, inzwischen aber schon im zweiten (wieder von ihm mitinitiierten und organisierten) Atelierhaus – die Mannheimer Hafenateliers:

Die »Hafenateliers« wurden im Oktober 2022 im Mannheimer Bonadieshafen (Friesenheimer Insel) in Betrieb genommen. Es ist – nach der Gründung des „Alten Güteramts“ – das zweite Atelierhaus in drei Jahren, welches durch Manfred Binzer und Markus Rendl privat realisiert wurde. Auf über 1.200 Quadratmetern finden Kunstschaffende verschiedenster Disziplinen genug Raum für die Realisierung ihrer Visionen. Das Haus agiert komplett unabhängig und bezieht keine Förderungen durch Stadt, Kommune oder Land. Die Größe der jeweiligen Ateliers variiert von 15 bis 190 Quadratmetern. Das neue Atelierhaus befindet sich im denkmalgeschützen Nebengebäude der ehemaligen Pfälzischen Mühlenwerke Mannheim.
(3. Versuch zum Textbeginn: persönlich: …keine Angst mehr.
Die Fahrt nach Mannheim ist für mich eine sehr persönliche Angelegenheit – ich fahre in meine Geburtsstadt, wo ich auch bis 1984 lebte. Die Reise im Nahverkehr (per „58€-Ticket“ der Bahn) am bisher heißesten Tag des Jahres (34 Grad) klappt – entgegen allen Klischees – einwandfrei; die Rückfahrt abends dann auch! Der Künstler holt mich am Mannheimer Hauptbahnhof ab und wir fahren durch eine baulich sehr veränderte, mir fast fremde, Stadt, die an nur wenigen Punkten unverändert scheint: Das unschöne Hochhaus der Stadtwerke steht noch immer nahe der Neckarbrücke; die alte Hauptfeuerwache, wo wir früher fast jeden Samstag Konzerte bei freiem Eintritt besuchten, ist auch noch da.
In Manfreds Auto sprechen wir über Politik und staunen, wie sehr wir übereinstimmen: der Künstler teilt weitgehend meine ja eher dystopische Weltsicht.
Entsprechend dem Mannheimer Straßenverkehr reden wir schnell und hektisch, bis wir auf der Friesenheimer Insel am Atelierhaus ankommen und den über 6 Meter hohen Atelierraum des Künstlers betreten:
In der gefühlt 10 Grad kühleren und jedenfalls sehr kunstintensiven Atmosphäre des Ateliers kommt Ruhe auf – Langsamkeit, Konzentration und Kontemplation bremsen automatisch auch die Geschwindigkeit unseres Politik-Geschwätzes, das bis zur Rückfahrt am Abend Pause hat.

Bild links: inlay, red | 25 cm x 18 cm x 11 cm, 2016
Neben der malerischen Arbeit, die auch diesen riesigen Raum dominiert, entdecke ich einen kleinen „Skulpturenpark“: Dreidimensionale Werke aus Kunstharz, die sich meist nur mit einer einzigen (als Pigment eingegebenen) Farbe beschäftigen, die sich dann – in einer vom Künstler nur bedingt steuerbaren – Form des jeweiligen Objekts bemächtigt.
Leider nicht zu sehen sind die Rauminstallationen von Manfred Binzer, die jeweils ortsbezogen entstehen und zu denen wir auf die
Website des Künstlers verweisen: Installationen im Raum.
Dr. Martin Stather, der ehemalige Direktor des Mannheimer Kunstvereins, beschreibt in einem Text zu einem Katalog von Manfred Binzer sehr erhellend die Arbeit von Manfred Binzer:
Manfred Binzer zeigt uns Momentaufnahmen, die schnell wieder verflogen sind und doch Einblick gewähren in ein geistiges und körperliches Geschehen, das untrennbar mit der Welt, die wir zu kennen glauben, verwoben ist. In einem Prozess künstlerischer Arbeit entstehen Bilder, die Harmonie und Brüche sichtbar machen, die nicht wertend das grandiose Schauspiel von Natur und menschlicher Existenz abbilden, das tagtäglich vor unseren Augen sich abspielt, meist ohne dass wir es bemerken.
Wohl noch besser spricht der Künstler selbst über seine Arbeit in diesem Video-Selbst-Porträt
Hier drängt sich ein zweiter Arbeitstitel für dieses Künstlerporträt auf:
…keine Angst mehr.

Bevor Manfred Binzer und ich dann auf der Rückfahrt zum Bahnhof wieder über Politik reden, erinnert uns all dies noch einmal deutlich an die Zeitlosigkeit der Kunst, der künstlerischen Arbeit – in unserer realen Wahrnehmungswirklichkeit der (sinnlosen konsumterrorisierten Hektik) Vergänglichkeit.
Wer von den 20er Jahren spricht, vielleicht gar von den goldenen Zwanzigern, spricht meist über das letzte (das 20.) Jahrhundert, Gestern erst wurde mir bewußt, dass zukünftige Generationen womöglich/wahrscheinlich von heute sprechen, wenn die “20er Jahre“ das Thema sein werden.
Vielleicht ist unsere Zeit irgendwann mal historisch bedeutsam: (hoffentlich nicht) als Vorkriegszeit, vielleicht aber als Beginn des totalitären 21., naja: halbdigitalen Jahrhunderts.

Den letzten Hinkelstein (Nr. 45 am 29. Juni 2025) habe ich „Erinnerung an die Zukunft“ betitelt, vielleicht ein Ausbruchsversuch aus unserer ges(ch)ichtslosen Zeit?
Einer Zeit, die mir geprägt erscheint durch extreme Widersprüche: die hektische Außenwelt (die Wahrnehmungswirklichkeit) einerseits, und die ruhige, langsame Innenwelt (, die wir umso stärker wahrnehmen dank der Kunst) anderseits. Ich nenne dieses Porträt über über den Künstler Manfred Binzer:
Gedanken zur kontemplativen Hektik der 20er Jahre – Begegnung mit Manfred Binzer
Jürgen Linde im Juli 2025