Hinkelstein, der wöchentliche Newsletter des kunstportals baden-württemberg: Jeden Sonntag früh frisch auf den Screen
Hinkelstein 42 – viele, die die historische Bedeutung dieser Zahl kennen, halten gemeinerweise und wichtigtuerisch alle anderen für erschreckend ungebildet oder mindestens für ansolutely unterbelichtet. Und dies nicht ganz zu unrecht, wie ich zugeben muß, nachdem mir vor zig Jahren ein guter Freund, einer der längst Erleuchteten, Douglas Adams‘ vierteilige Triologie „per Anhalter durchs die Galaxis“ verpflichtend zum Lesen ausgeliehen hat.
Immerhin ist ja 42 die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“.
Wenn ich mich dennoch im Hinkelstein 42 um die eigentlich indizierte historisch-literarische Würdigung dieses Kunstwerks herumdrücke, so mit zwei halbseidenen Ausreden:
1. immerhin habe ich die Zahl 42 schon vor fast 10 Jahren als das erste Wort eines unserer Künstlerinnenporträts eingesetzt: Thema war die Karlsruher Sopranistin Katrin Müller.
2. bleiben wir ja dennoch mitten im hinkelsteinigen Themenspektrum: Kunst und Politik/Gesellschaft; Utopien und Dystopien. Themen, die wir behandeln im Kontext der Kunstvermittlung, die wir als Hauptaufgabe unserer Arbeit sehen:

Bild links: Bernd Ribbeck
Fassadeninstallation von Bernd Ribbeck anlässlich des AUSSER HAUS-Projekts
der Kunsthalle Tübingen
© Bernd Ribbeck, VG Bild-Kunst, Bonn 2025; Foto: Ulrich Metz
Bernd Ribbeck: Fassadenarbeit
Auch die neue Ausstellung der Kunsthalle Tübingen leistet einen wichtigen Beitrag zur Kunstvermittlung, nimmt sie doch die Lebenswelt zwischen Kunst und Leben in den Blick, wobei auch politische und soziale Fragen thematisiert werden:
KunsthalleTübingen | 07.06.- 19.10.2025 | Schöner wohnen – Architekturvisionen von 1900 bis heute
Schöner wohnen – wollen wir das nicht alle?
Bis 19. Oktober geht die Ausstellung, die in der Kunsthalle Tübingen gestern erst eröffnet wurde und die ich heute auch hier im Hinkelstein zum Thema mache. Wenn Sie, liebe Leser, einwenden, dass unser Newsletter eigentlich kein Ort ist für Ausstellungsbesprechungen, so gebe ich Ihnen recht:
Umfangreiche Informationen in Text und Bild zur Ausstellung selbst finden Sie wie gewohnt ja sowieso auf den kunstportal-bw-Seiten der Kunsthalle und auf deren eigener Website.
Außerdem erscheinen hier im kunstportal in den nächsten Tagen ein wahrscheinlich recht launiger Beitrag zu dieser Ausstellung in unserer Rubrik „Hausbesuche: “ und wahrscheinlich auch eine Reportage-Rezension bei den Kunstausflügen mit Sigrid Balke.
Bernd Ribbecks Präsentation empfinde ich als sehr ambivalent: die historischenTorbögen assoziieren klösterlich-sakrale Aspekte, eine Weite des Denkens, noch dazu in einer (denkbar) endlos fortsetzbaren grafisch-zeichnerischen Struktur. Sie entlarven damit gleichzeitig die tatsächlichen realen Wohnräume hinter der Fassade als vermutliche elende Wohnklos, wie sie in der 60er Jahren leider modisch wurden. Für mich macht Ribbeck sichtbar: Beim Wohnen können Utopie und Dystopie ganz nahe beieinander liegen – wie im richtigen Leben.
Schöner wohnen? Wohl absichtlich ironisch erinnert dieser Titel an den Titel der gleichnamigen Monatszeitschrift des Gruner & Jahr-Verlags: Viele erinnern sich: monatlich liefert dieses Magazin das „Beste aus der Welt des Wohnens“ – früher schon spießige Wunschvorstellungen für Kleinbürger, die sich ja auch den Kleingarten zum Paradies hochstilisieren konnten oder können. Meist zu teure Wunschträume fernab des realen, des realisierbaren Alltags.
Heute ist das Wohnen selbst eines der großen sozialen Themen, ein Politikum: (wie) können wir Wohnen (wieder?) bezahlbar machen, wie könnten wir gar neuen Wohnraum schaffen? Noch dazu in den Städten, die längst übervoll aus allen Nähten platzen und wo trotzdem scheinbar alle hinwollen? Es scheint, als ob nur im täglichen Verkehrs-Stau und fast ohne saubere Atemluft das richtige Leben nur so sprudelt – nur in der Stadt halt?
Musik- /Videotips werden hier verlangt – und pünktlich geliefert: Zum Thema Stadtleben/ Massengesellschaft/ Einsamkeit fällt mir (auch als Frühaufsteher) melancholiche Musik ein: Element of Crime – Morgens um Vier
Das Leben in einer der heutigen Mega-Cities wie Sao Paulo oder Istanbul erscheint mir selbst eher als Horrorschau; sicher eine dystopische Vorstellung:
Um nochmal den Bogen zu schließen zur auch politischen Thematik des Hinkelsteins: selbst die inspirierende Kraft dieser Ausstellung bringt mein dystopisches Weltbild noch nicht ins Wanken: Denke ich an die Zukunft des Wohnens, so denke ich wieder einmal an die hier schon mehrfach empfohlene dystopische Film-Vision in Spielbergs „Ready Player One„. Der Film, in dem ja die faktisch in – futuristisch angehauchten, aber umso traurigeren Slums lebenden Menschen das Leben dort nur aushalten, weil sie ein zweites Leben – vielleicht dann ihr eigentliches Leben in virtuellen Räumen spielen – als Avatare in einem Computerspiel.
Noch eine Erinnerung an die Zukunft der 80er Jahre: Einstürzende Neubauten: Stella Maris
Unter dem identischen Titel hat der Pulitzer-Preisträger Cormac Mc Carthy seinen wunderbaren Roman (auch, für mich vor allem:) über Einsamkeit geschrieben: Cormac Mc Carthy: Stella Maris
All dies bestätigt mir ein altes (Vor-?) Urteil: auch die Zukunft ist heute nicht mehr das, was sie früher einmal war.
Deshalb wähle ich für diesen Hinkelstein-Beitrag den Titel: „schöner wohnen oder Zukunft in Wohn-Haft?“
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Jürgen Linde am 08. Juni 2025
unter dem Motto lieber märchenhaft als Wohn-haft jetzt wieder zurück zur Kunst:
Unsere guten Nachrichten aus der Kunst am Sonntag, dem 08. Juni 2025 im kunstportal baden-württemberg:
Neu am 08. Juni 2025: | Künstler | 10.10. – 01.11.2025 | Min Bark, Mimi Kohler, Anja Luithle, Jan-Hendrik Pelz, Nina Joanna Bergold, Christian Jankowski, Wolfgang Neumann, Daniel Richter, Friederike Just u.a.: | Kunst im Schloss Untergröningen e.V. | ECHOPraxia
Neu am 08. Juni 2025: | Städtische Galerie „Fähre“ Bad Saulgau | Sonderveranstaltungen am 14.05.2025: | Körper, Tanz und KI: Workshop, Tanzperformance und Künstlergespräch am 14. Juni 2025 in der „Fähre“
Neu am 08.06.2025: | KunsthalleTübingen | 07.06.- 19.10.2025 | Schöner wohnen – Architekturvisionen von 1900 bis heute
Öffentliche Feiertagsführungen an Pfingsten 2025 – Schöner wohnen
Neu am 08. Juni 2025: | Newsletter Hinkelstein: | Sonntag früh frisch auf den Screen: | Hinkelstein 42 vom 08. Juni 2025: | schöner Wohnen oder oder Zukunft in wohn-Haft?