Hinkelstein, der wöchentliche Newsletter des kunstportals baden-württemberg:
Jeden Sonntag früh frisch auf den Screen
wieder beziehen wir uns auf die vorangegangenen Hinkelsteine, wobei ich den Hinkelstein der letzten Woche (Nr. 46: „Wir amüsieren uns zu Tode“) als Exkurs betrachte, wo ich eigene Jugenderinnerungen nutz(t)e, um das mir so fremd gewordene heutige Amerika zu beschreiben, wo die, (gestützt auf ihre libertäre Ideologie) radikal fortschrittsgläubigen, übermächtigen superreichen Tech-Miliardäre in einer „Dekadenz-Blase“ leben. Aus dieser Perspektive erscheint die Welt aussenrum als eine Welt von zurückgeblieben Low-Performern, die Führung brauchen und eigentlich wohl auch Führung wollen durch die Starken, die es eben können, was ihr Erfolg ja beweist. Der (natürlich vor allem technologische) Fortschritt führt uns alle in eine bessere Zukunft. Alle? naja, mindestens Amerika: MAGA: Make America Great Again. Die Fossile im Museum, im alten Europa, werden folgen, sie werden mit – oder untergehen.
Bevor wir ganz unten zurückkommen auf diesen Exkurs, schauen wir nochmal in den Hinkelstein 45 – Erinnerung an die Zukunft. Hier hatte ich, nicht ganz ohne meinen (fast schon krankhaft) kerngesunden Zweckoptimismus, meine Hoffnung ausgedrückt, dass Kunst und Kultur (ja irgendwie halt, Keine Ahnung!) alles überleben werden, was uns noch bevor steht.

Bild oben: Tanja Pohl: Erbmasse, 2014; Öl auf Leinwand, dreiteilig, 200 x 480 cm; © Tanja Pohl
Obwohl ich denke, dass die Zukunft heute sowieso längst nicht mehr das ist, was sie früher schon nicht wirklich war (die streng konfuse doppelte Verneinung, die in der deutschen Sprache selten funktioniert, ist wohl meiner früheren pro-amerikanischen Lebensphase geschuldet), nehmen wir mal den Titel genau unter die Lupe: Erinnerung an die Zukunft.
Immer wieder entstand in unserer Hinkelsteinreihe der Verdacht, dass sich unsere Gesellschaft zubewegt auf eine Mischung früherer dystopischer Zukunftsvorstellungen:
Im Rahmen unserer wie immer streng intuivistischen Vorgehensweise ersetzen wir die zeitraubende und zu anstrengende wissenschaftliche Genauigkeit durch einen wilden Ritt nach dem Kreuz- und Querkonzept – sprich: wir würfeln einfach alles zusammen, was uns gerade einfällt; ohne den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit oder gar Vollständigkeit; dafür aber vegan, laktose- und KI-frei):
In der Kunst sind frühere und heutige Zukunftsvorstellungen schon lange Thema und in unserer Welt (= Baden-Württemberg) hat dabei die Kunsthalle Tübingen zweifellos eine Führungsrolle übernommen: schon in früheren Ausstellungen:
(Almost Alive, 2018: Hyperrealistische Skulptur in der Kunst oder „Supernatural“ 2020/21 – Skulpturale Visionen des Körperlichen) klingen diese Themen an; aktuell befasst sich die KHT mit Architekturvisionen von 1900 bis heute: (noch bis 19.10.2025) | SCHÖNER WOHNEN
Nochmal zu Aldous Huxleys neuer Welt: Dem Anglisten Jerome Meckier zufolge gleicht die Schöne neue Welt einem multinationalen Konzern mit Zwangskonsum und einem Weltcontroller, der „halb Diktator, halb CEO“ ist. (wikipedia)
Das kommt uns ja durchaus bekannt vor; George Orwells Big Brother (den es in der dreigeteilten Welt von 1984 dann dreimal gibt – drei Avatare, die jeweils eine der drei Welt-Regionen beherrschen).
In Huxleys schöner neuen Welt altern die Menschen nicht mehr; auch unsere heutigen Big Brothers (etwa Jeff Bezos und Elon Musk) investieren viel Geld in die medizinische Forschung zur Verlängerung des Lebens; etwas Unsterblichkeit wäre vielleicht nicht schlecht?
Leider ist in Huxleys neuer Welt gar kein Platz für Gefühle und soziale Beziehungen, aber dafür wäre ja eh keine Zeit: diese wird gebraucht für die perfekt organisierte Arbeit und Produktion und den Zwangskonsum. Hierfür sind bei uns ja Google und (die Influencer bei) Youtube und TikTok zuständig.

Aldous Huxley, das ist in der Literatur unstrittig, verarbeitete, als er Brave New World schrieb, seine Eindrücke der Industriellen Revolution; vor allem die Arbeitsteilung und die entstehende Massenproduktion, die auf der Basis des Taylorismus riesige Rationalisierungsfortschritte (Max Weber) ermöglichte.
Ebendiese Rationalsierung beschäftige dann auch den Philosophen Günther Anders, als er 1956 mit seinem furchtbar dicken Monumentalwerk „Die Antiquiertheit des Menschen“ einen dystopischen Literaturklassiker schuf.
Seine zentrale Frage „“Können wir emotional und geistig noch mit dem menschengemachten Fortschritt mithalten?“, die ich selbst als Babyboomer ein Kind der frühen 60er Jahre als rhetorische Frage empfinde, würden heute viele aus der Generation Smartphone womöglich bejahen. Unsere übermächtigen Tech-Genies glauben sogar, beim Fortschritt nicht nur mithalten, sondern diesen sogar gestalten zu können.
Mit fast leisen Grüßen von Aerosmith dazu unser erster Video-Musik-Tipp: Dream on!
Doch wohin soll, wohin wird das führen? Zu dieser schwierigen Frage liefere ich als Antwort gleich den zweiten Musik-Videotipp: BTO (Bachmann Turner Overdrive): You ain’t see nothing yet
(Randbemerkung: wir sehen: im Englischen funktioniert die doppelte Verneinung meist gut, wobei ich seinerzeit sogar meine amerikanischen Freunde dann, für ein paar Sekunden lang, doch fast sprachlos machen konnte mit meiner streng konfusen doppelten Verneinung: „There never ain’t no Reason not to have no Fear.“)

Bild links: Bild oben: Tanja Pohl: Schrei, 2023
Holzschnitt, Kombination / Papier – 74 x 60 cm; © Tanja Pohl
Zurück in die Zukunft: Die wohl wichtigste Dystopie aus der Welt des Films ist zweifellos die hier schon oft erwähnte Matrix (1999, von den Wachowski-Brothers. In der Matrix sind die Menschen (bis auf die unvermeidlichen Revoluzzer um Neo, Trinity und Morpheus) dann fast komplett ersetzt durch Avatare, was die Steuerbarkeit und die absolute Kontrolle der Gesellschaft erleichtert. Implizit bezieht sich auch die Matrix auf die großen Rationalisierungsschübe der industriellen Revolution: hier sind die Stufen 3 (Automatisierung) und 4 (Netzwerke) bereits vollständig abgeschlossen.
Die Matrix stellt implizit und radikal die Frage nach dem Sinn der menschlichen Existenz; könnte man sie nicht einfach löschen? Nun, genauso wie sich in der Matrix ein Rest der richtigen Menschen gegen das System (gegen die Digitalisierung der eigenen Existenz?) wehrt, so wehren sich ja auch in der Terminator-Reihe mit Arnold Schwarzenegger die überlebenden Menschen unter Führung des legendären John Connor gegen das von Menschen erschaffene Skynet – vielleicht ist die Menschheit ein Virus und sehr schwer zu eliminieren?
Insgesamt, so möchte ich das vorerst zusammenfassen, kulminieren die dystopischen Erinnerungen an die Zukunft in der Frage, ob (resp. wozu) es uns Menschen überhaupt noch braucht in einer Zukunft, die soweit durchrationalisiert ist, dass sie eigentlich ohne uns auskommt.
Angesichts der von uns Menschen selbst vorangetriebenen Rationalisierungen müssen wir, nun überflüssig und antiquiert, uns fragen:
was soll das Ganze?.
Dumme Frage, da ja längst beantwortet mit „42“? Glasklares Jein:
(wer die mystische Zahl 42 nicht kennt: diese schwere Bildungslücke hatte ich schon vor 10 Jahren bekämpft in meinem Künstlerporträt über die Sopranistin Katrin Müller (dort im 2. Absatz steht alles); auch war die 42 natürlich zwangsweise ein zentrales Thema im gleichnamigen Hinkelstein Nr. 42 vom 08.06.2025.
Ermutigend: als der (über unsere heutigen Begriffe eines Supercomputers fast unendlich weit hinausgehende) Hochleistungsrechner in Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“ diese Frage nach Jahrhunderten des Rechnens schließlich und scheinbar abschließend (dann aber eben doch etwas kleinlaut/zögerlich) beantwortet mit: „42“ stellt uns Menschen dann doch explizit anheim, darüber nachzudenken, ob wir womöglich die Frage etwas genauer spezifizieren sollten …Douglas Adams denkt als guter Satiriker immer dialektisch: hier sagt er uns:
die richtige Frage ist die ganze Antwort, mehr gibt es halt nicht.
Hauptsache egal, wir suchen also weiter:
Ich denke, dass wir aus dieser argumentativen Sackgasse herauskommen könnten, wenn wir Max Webers Begriff der Rationalisierung genauer in den Blick nehmen, denn dieser könnte, zu ende gedacht, hinauslaufen auf ein ganz neues Selbstverständnis der Menschen: vielleicht müssen wir bescheidener werden und anerkennen, dass wir die Gestaltung der Zukunft bereits aus der Hand gegeben haben? Oder nie in der Hand hatten, sondern dies mit unserem gesundem Größenwahn nur geglaubt haben … Womöglich wird die AGI (Artificial General Intelligence) zukünftig unsere(?) Ziele besser definieren und die richtigen Schritte dorthin exakter und effektiver daraus ableiten und durchführen, als wir Menschen dies könnten? So wie schon der Bordcomputer HAL in Stanley Kubricks Odysee im Weltraum klar wußte, was zu tun ist und souverän entscheiden konnte.
Wenn wir über unsere Rolle als Menschen in dieser Welt neu nachdenken und uns frisch verorten, könnte es sein, dass Günther Anders, auf den ich abschließend nochmals zurückkomme, uns dazu einen sehr, sehr wichtigen Hinweis gegeben hat: Die Experten sind weitgehend einig, dass Günther Anders seine Frage („können wir Menschen noch mithalten?“) selbst mit Nein beantwortet ha(e)tte. Dafür spricht, glaube ich, auch der Untertitel seiner Antiquiertheit des Menschen:
Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution
Mit dem Thema Seele landen wir erneut nahe der Kunst, landen mal wieder bei Religion und Kunst, also in Hegels Thema der absoluten Vernunft. Die Seele wie auch die Kunst, da bin ich mir (na ja, doch so ziemlich) sicher, entziehen sich der Digitalisierung und der KI wie auch der AGI (Artificial General Intelligence), deren Potential wir keinesfalls unterschätzen sollten.
Sicher aber ist für mich: Digitale Transzendenz ist nicht denkbar.
Jürgen Linde am 13.07.2025
Wir wünschen einen zwar leider viel zu heissen, aber dennoch ganz besonders schönen Sonntag schönen Erlebnissen. Schön wäre, wenn wir dazu beitragen könnten mit unseren
guten Nachrichten im kunstportal baden-württemberg am Sonntag, dem 13.07.2025:
Neu am 13. Juli 2025: | Künstler | 27.07.2025 – 14.09.2025 | Jürgen Knubben, Günter Wagner, Brigitte Nowatzke-Kraft , u.a.: | 70 Jahre GFjK Baden-Baden: | Skateboard „70 Jahre GFjK“
Neu am 13. Juli 2025: | Künstler | ab Fr, 25.07.2025, 19 Uhr | Mischa Kuball | Berlin, Altes Pumpwerk: | Neue permanente Lichtinstallation von Mischa Kuball am Radialsystem
Neu am 13. Juli 2025: | Städtische Galerie Ostfildern | 06.07. – 09.09.2025: | Hannelore Weitbrecht – Luftwurzeln und Blütentanz | Kunst erleben! Öffentliche Führungen: 27.07. und 24.08.2025; jeweils 16 Uhr
Neu am 13. Juli 2025: | ZKM Karlsruhe | Mi, 10.09.2025; 18 – 19 Uhr| ZKM Medialounge | Vortrag im Rahmen der Ausstellung | 200 Jahre KIT: Eine Geschichte des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) in Bildern
Neu am 13. Juli 2025: | Newsletter Hinkelstein: | Sonntag früh frisch auf den Screen: | Hinkelstein 47 | Erinnerungen an die Zukunft II
Musik: You ain’t see nothing yet
Mein american Statement: There never ain’t no reason not to have no Fear.
Hinkelstein an, weniger aber an das Thema Musik als vielmehr zunächst an die Künstlerpersönlichkeit Alfred Brendel, den wir ja charakterisiert hatten „als vielleicht längst aus der Zeit gefallenes Fossil bürgerlicher Hochkultur“. Der Faz-Autor Gerald Felber beschreibt in seinem Nachruf ja treffend und kritisch, wie unsere Kultur und Gesellschaft den Bach runtergehen.

intergalaktisch schön wohnen – nur für Superreiche?
Bild links: Amelie Weyers, Hochschule Darmstadt, Fachbereich Architektur, 2024; © Künstlerin
(KunsthalleTübingen: (noch bis 19.10.2025)
SCHÖNER WOHNEN – Architekturvisionen von 1900 bis heute)
Auch diese Woche gibt mir wieder ein aktueller Anlass die Möglichkeit, ein Thema aufzugreifen, das ich (wie letzte Woche die Musik) schon länger im Hinterkopf hatte: Jeff Bezos‘ Hochzeit in Venedig und in Prunk und Protz und Glanz, Glamour und Gloria (mit Austern und sicher edelstem Champagner und 200 so ziemlich reichen Gästen) erscheint mir als Paradebeispiel dafür, wie sich unsere heutige Welt dem Verfall und der Dekadenz hingibt. Stilecht und imagegerecht reist der 61jährige Multimilliardär an im 500 Millionen Euro teuren – immerhin größten Segelschiff dieses Planeten – wohlgemerkt: dieses Planeten: Bezos, nebenher auch Besitzer des Raumfahrtunternehmens Blue Origin (ähnlich wie Kollege Elon Musk, der ja mit Space-X auch im Weltall ein zweites Zuhause gefunden hat) denkt ja sicher universal. – im engeren Sinne: Schon die Finanzjongleure der 80er Jahre fühlten sich ja gerne als Masters of the Universe (nicht of the Earth).
Diese Blase ist inzwischen geplatzt; die Luxusblase der Tech-Milliardäre befindet sich noch immer im Höhenflug.
Schnell reich geworden durch gute Ideen, Risikobereitschaft und sicher auch mit Mut, Fleiß und viel Talent erscheint dieser Gruppe der Neureichen ihre Macht als naturgegeben und wohlverdient. Als klassische Aufsteiger zeigen sie dabei manchmal eine gewisse (von Neid getriggerte) Wut gegen die alten Eliten, auch gegen das „alte Geld“. Donald Trump ist hier wohl das paradigmatische Beispiel (bei Max Weber: der Idealtypus); der Präsident zählt ja die faulen, akademischen Eliten (oder gar erst die woken Linksradikalen der Harvard-University!) zu den Schmarotzern und Nichtstuern, deren ganz Kaste wohl am besten per Kettensäge aus dem Establishment entfernt werden sollte, zumal sie ja auf Kosten der normalen Bevölkerung leben: Trump, eher kein Intellektueller, verbindet dieses Feindbild geschickt mit dem der einfachen Leute, die er auf diese Wiese begeistern kann und die ihn wählen, obwohl er sie ärmer macht.
Mit dem Blick von so weit oben erscheinen die da unten, die Loser und Low-Performer, als leicht steuerbare Masse. Diese antiquierten, nur terrestrisch denkenden Fossile, die sowieso nicht mithalten können, erscheinen den Übermächtigen als Kleingeister,
als Zurückgebliebene in einer offenbar anderen Welt, einer anderen Wirklichkeit: Unserer Wirklichkeit, in der gerade alles zusammenzubrechen droht. Während sich Kriege ausbreiten, inzwischen auch bis Europa, leben die Superreichen in ihrer eigenen Welt, einer Luxusblase, in der sie sich und ihren Superreichtum oft auf ordinäre Weise zur Schau stellen. Pervers und dekadent im besten Sinne wird all dies eben durch den Kontrast zwischen den beiden Lebenswelten.
Die Sicherheitsvorkehrungen für Bezos‘ Hochzeit in Venedig dürften denen eines G7-Gipfels kaum nachstehen, denn die Reichen müssen ja geschützt werden: Noch leben ja alle auf demselben Planeten und zwischen den sehr verschiedenen Lebenswelten gibt es noch immer Verbindungen.
Ja, natürlich im Internet, wo die Übermächtigen mit ihren Untertanen „kommunizieren“: Als Besitzer der Daten der Untertanen wird erfolgreich versucht, diese zu steuern – als Konsumenten, für die Konsum (der einzige) Lebensinhalt ist, und auch als Mitläufer:
Als zynische Verhöhnung darf man es sehen, wenn das Leben der Neureichen hier sogar als Vorbild angepriesen wird: „Living like a Billionaire“ war ein Slogan von Temu, das als globales (Spot-)Billigkaufhaus online auch die ärmeren Menschen mit qualitativ minderwertigen Produkten beglückt, etwa Model-Kleidern, die in ihrem schlechten Geschmack dem der Neureichen ähneln.
Die extreme Kommerzialisierung des Internets, die wir im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts erleben mußten, erscheint rückblickend als wichtiger Schritt einer Machtstrategie der Tech-Milliardäre. Für die Bevölkerung gibt es Brot & Spiele: im Zentrum der Medienwirklichkeit steht ganz klar der Konsum.
Über die Kommunikationskanäle der Social Media (besonders Musks X, aber auch facebook, Google etc) wird diese Weltsicht (etwa durch Influencer) bestärkt; auch wird hier, über die verschiedenen verschwörungstheoretischen Blasen, für die Youtube wichtig ist, die libertäre Ideologie verbreitet (Auch Du kannst reich werden!; kannst stark und frei sein!).
Weil es mir gerade einfällt und weil hier ja Musik-Tipp-Videos erwartet werden: mit Elon Musk und seinen Kollegen kommen Fehlbarben ins Spiel: Fehlfarben: Es geht voran!
Für die, die mangels Kaufkraft ganz hinten runterfallen (früher war das mal das Lumpenproletariat) bleiben dann immer noch die Traumwelten der Videospiele (Opium fürs Volk), wo immerhin unsere Avatare stark und erfolgreich sein dürfen:
Sorry: wieder einmal erinnere ich an Steven Spielbergs visionären Film „Ready, Player One“. In seinem wahrlich nicht besten Film zeichnet Spielberg das Bild einer zugrunde gehenden Digitalgesellschaft. Selbstverständlich sieht dies ganz anders aus als beim Niedergang es römischen Imperiums, als es weder Internet noch die damit verbundenen Blasen (=Paralleluniversen?) gab.
Auch wenn wir bezweifeln, dass Geschichte sich wiederholt, so gibt es doch eine ganze Reihe von Indizien und Parallelen zum Niedergang des spätrömischen Reiches, zumal wir hier in der Hinkelstein-Redaktion ohnehin seit Beginn dieses Projekts auf das römische Reich fokussiert sind und dankbar dafür, dass unser kleines gallisches Dorf uneinnehmbar bleiben wird – Hinkelsteine wird es immer geben. Das römische Imperium hingegen ist als politische Weltmacht verschwunden, doch die römische Hochkultur in Architektur und Kunst eben nicht.
In Spielbergs Dystopie scheint auch die bildungsbürgerliche Kultur, deren Verschwinden Alfred Brendel kritisch beobachtete, wie eingangs beschrieben, überhaupt nicht mehr vorhanden zu sein.
Als bekennender Dystopiker gebe ich zu, dass all dies nicht wirklich optimistisch klingt – wo also bitte bleibt das Positive? Nun ja: mit (fast krankhaft) gesundem Zweckoptimismus und mit dem sehr amerikanischen Ronald Reagan hoffe ich, dass der Spätkapitalismus nicht mit einem großen Knall zugrunde gehen wird, sondern mit einem leisen Plopp. Auch der langjährige ZKM-Chef Peter Weibel hatte sowohl die Tendenzen der Digitalgesellschaft zum Totalitarismus gesehen als auch das selbstzerstörerische Potential der digitalen Welt insgesamt; er hat dazu einen Song geschrieben und (2013) selbst vertont: Peter Weibel & Hotel Morphelia: Wir sind Daten

Peter Weibel war zuhause in der digitalen und (s.o.:) in der analogen Welt
Bild oben: Peter Weibel in seinem Büro im ZKM;
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
Foto: ARTIS Uli Deck, 2022
Ich denke, aus Weibels nicht ironiefreier Weltbetrachtung (auch dies typisch Weibel) einen optimistischen Zwischenklang herauszuhören: Ja: Wir sind Daten …stürzen ab. –
Bestimmt aber hat doch vorher irgendjemand ein Backup gemacht?
Die Kunst und damit (die Idee der) Freiheit und die Imagination überleben den Zusammenbruch politischer Machtsysteme. Danach wird am Day after Tomorrow unser kleines Dorf noch da sein und wir können, mit frisch erwachtem Erfindergeist uns und unsere Gesellschaft neu erfinden – als Kultur-Gesellschaft.
Schon heute also formuliert der Hinkelstein als solcher eine
Erinnerung an die Zukunft.
Jürgen Linde am 29.06.2025
Da wir aber im Hier und Jetzt leben, sollten wir auch die nahe Zukunft nicht vergessen. Konkrete Gestaltungsvorschläge dazu finden Sie wie immer in unseren heute besonders reichhaltigen
guten Nachrichten im kunstportal baden-württemberg am Sonntag, dem 29.06.2025:
Neu am 29. Juni 2025: | Kunstausflüge mit Sigrid Balke | Ein paar Tage in Basel …
1.| 18. – 22.06.2025: | Art Basel – Unlimited
2.| bis 07.12.2025 | Richard Long im Kloster Schönthal Too much chatter sprains the soul | Richard Long
3: | Nouveau Réalisme, kinetische Kunst und eine überraschend andere Ausstellung im Museum Tinguely | Eine Hommage zum 100. Geburtstag von Jean Tinguely
Neu am 29. Juni 2025: | Künstler | 19.07. – 28.09.2025 | Gabriele Goerke, Sandro Vadim, Barbara Jäger, OMI Riesterer, Holger Fitterer u.a. | Regierungspräsidium Karlsruhe | Vernissage 18.07.2025; 18 Uhr | paarWEISE – sieben Künstlerpaare
Neu am 29. Juni 2025: | ZKM Karlsruhe | Fr, 25. – Sa, 26.07.2025 | Eröffnungswochenende: Assembling Grounds und Eva-Maria Lopez: Phyto-Travellers: | 26.07.2025 – 31.05.2026: | Assembling Grounds. Praktiken der Koexistenz | 26.07. – 26.10.2025 | Eva-Maria Lopez: Phyto-Travellers
Neu am 29. Juni 2025: | Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen | Neu: Flyer zur Ausstellung | 25.07. – 26.10.2025: | »Linolschnitt heute – XIII Grafikpreis der Stadt Bietigheim-Bissingen«
Neu am 29. Juni 2025: | Newsletter Hinkelstein: | Sonntag früh frisch auf den Screen: | Hinkelstein 45 vom 29. Juni 2025: | Erinnerung an die Zukunft
Wir wünschen Ihnen einen wunderbaren Sonntag mit – unerklärlicherweise trotz alldem irgenwie halt keine Ahnung – erträglichen Hitze, vor allem dank frischen Windes am und im Kopf.
Ihre Obelixa und das gesamte Redaktionsteam des Hinkelsteins